13 Fragen und Antworten zum chaotischen Brexit
Müssen nun alle Schweizer die Insel verlassen?

Grossbritannien steckt tief im Brexit-Chaos. Was sind die Folgen für die Schweizer, wenn es zum harten Brexit kommt?
Publiziert: 18.01.2019 um 00:35 Uhr
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Aktualisiert: 20.01.2019 um 19:30 Uhr
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Die Verbundenheit bleibt bestehen: Das Schweizer Glockenspiel am Leicester Square in London.
Foto: ZVG
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Guido FelderAusland-Redaktor

Der chaotische Austritt Grossbritanniens aus der EU schüttelt Europa durch. Wie geht es weiter? Was bedeutet das für die Schweiz? BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum werden sich die Briten beim Brexit nicht einig?

Am 23. Juni 2016 hat Grossbritannien in einer Volksabstimmung entschieden, die EU zu verlassen. Kurz vor dem geplanten Austrittstermin vom 29. März 2019 sind die Briten zerstritten. Die einen wollen einen Ausstieg mit einer Übergangsfrist, andere einen abrupten Bruch und die Brexit-Gegner eine Wiederholung der Abstimmung. Am Dienstag hat das Parlament den von Premierministerin Theresa May (62) mit der EU verhandelten Austrittsvertrag mit Übergangsfrist abgeschmettert.

Warum will die eine Seite eine Übergangsfrist?

Bei einem abgefederten Austritt bliebe Grossbritannien und der EU mehr Zeit, die künftige Zusammenarbeit zu regeln. Die Briten blieben bis Ende 2020 in der Zollunion und hätten Zugang zum Binnenmarkt. Die Befürworter eines abrupten Bruchs, des harten Brexit, wollen das Kapitel EU möglichst rasch beenden, um eigenständig entscheiden und umgehend mit neuen Partnern Verhandlungen aufnehmen zu können.

Was sagen jene, die in der EU bleiben wollen?

Sie fordern eine Wiederholung der Abstimmung von 2016. 71 Labour-Abgeordnete unterzeichneten diese Woche einen Brief, in dem sie eine weitere Volksabstimmung fordern. Eine Wiederholung würde das Land allerdings wohl noch mehr spalten.

Wie würde eine neue Abstimmung ausgehen?

Laut der jüngsten Blitzumfrage von YouGov würden bei einem zweiten Referendum 56 Prozent für einen Verbleib in der EU stimmen, 44 Prozent wären für einen Austritt. 

Wie geht es nun weiter?

Nach dem Nein zu Mays Ausstiegsvertrag will die Premierministerin am Montag über das weitere Vorgehen informieren. Sie könnte versuchen, weitere Zugeständnisse von der EU zu erreichen oder das Austrittsdatum zu verschieben. Am 29. Januar wird der neue Vorschlag dem Unterhaus zur Abstimmung vorgelegt. Wenn alles nicht fruchtet, kommt es am 29. März zum harten Brexit.

Bleibt Premierministerin Theresa May im Amt?

Sie hat im Dezember in ihrer eigenen konservativen Partei und am Mittwoch im Unterhaus ein Misstrauensvotum überstanden. Trotz Abfuhren und grosser Kritik führt sie ihre Aufgabe pflichtbewusst weiter. Wer sollte es sonst tun? Sie hat ihren Rücktritt für 2022 angekündigt.

Wird das Königreich auseinanderbrechen?

Ein No-Deal-Brexit würde die Befürworter einer schottischen Unabhängigkeit und eines Zusammenschlusses von Nordirland und Irland stärken. May bezeichnet dieses Szenario als «die eigentliche Bedrohung für unsere Union».

Was ist der Backstop?

Der Backstop ist ein Sicherheitsnetz. Er soll verhindern, dass zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder eine harte Grenze entsteht, die zu einem Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikts führen könnte. Die Gegner des von May und der EU verhandelten Austrittsvertrages lehnen den Backstop ab, weil dann zwischen dem Königreich und der eigenen Provinz Nordirland eine EU-Aussengrenze entstehen und Nordirland Richtung EU abdriften könnte. Sie sehen im Backstop eine dauerhafte Bindung an die EU.

Welche Auswirkungen hat der Brexit auf das Rahmenabkommen zwischen der EU und der Schweiz?

Zu diesem Thema wagt sich niemand auf die Äste hinaus. Bundespräsident Ueli Maurer (68) redet von «Kaffeesatzlesen». Ein Indiz könnte das weitere Vorgehen der EU beim Thema Brexit sein: Falls sich Brüssel mit London zu Nachverhandlungen bereit zeigt, müsste die EU eigentlich auch beim Rahmenabkommen mit der Schweiz für weitere Kompromisse offen sein. Nur hat die EU bisher ein Aufschnüren des Brexit-Ausstiegsvertrags abgelehnt.

Müssen in Grossbritannien lebende Schweizer das Land verlassen?

Der Bundesrat hat vorgesorgt und ein Abkommen mit London genehmigt, wonach Schweizer in Grossbritannien und Briten in der Schweiz ihre bisherigen Rechte auf Lebenszeit behalten können. In Grossbritannien lebende Schweizer müssen sich einmalig registrieren. Das Abkommen gilt nicht für Schweizer und Briten, die nach dem Wegfall des Freizügigkeitsabkommens zuwandern.

Wird der Handel mit der Schweiz beeinträchtigt?

Mit einem neuen Handelsabkommen bleiben auch die wirtschaftlichen Beziehungen wie bisher aufrechterhalten. Allerdings rechnen die Schweizer Wirtschaftsvertreter mit Einbussen, weil der Handel zwischen Grossbritannien und der EU zurückgehen wird und sich dies als Dominoeffekt auch auf die Schweiz auswirken könnte.

Wird es weniger Flugverbindungen nach London geben?

Es bleibt wohl alles beim Alten. Die täglich 150 Flüge zwischen den beiden Ländern können dank eines neuen Abkommens weiterhin lückenlos durchgeführt werden.

Brauchen Schweizer Touristen ein Visum?

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten hält fest: «Die Schweiz ist mit London in Kontakt, um die Frage der künftigen visafreien Einreise zu klären. Ob die ID weiterhin als Reisedokument genügen wird, kann zurzeit noch nicht gesagt werden.» Vermutlich kommt es zu einer Vereinbarung, wonach sich Touristen aus der EU und der Schweiz bis zu 90 Tage visumfrei in Grossbritannien aufhalten können.

Die Schritte ins Brexit-Chaos
  • 23. Januar 2013
    Um die Briten zu beruhigen, kündigt Premierminister David Cameron eine Abstimmung zum Brexit an.
     
  • 23. Juni 2016
    51,9 Prozent der Briten stimmen für den Austritt aus der EU.
     
  • 29. März 2017
    London reicht in Brüssel die Austrittserklärung ein. Die Uhr beginnt zu ticken, in zwei Jahren – am 29. März 2019 – müssen die Briten draussen sein.
     
  • 18. Januar 2018
    Das britische Unterhaus stimmt dem Austrittsgesetz zu.
     
  • 7. März 2018
    EU-Ratspräsident Donald Tusk betont, Grossbritannien werde nur noch wie ein Drittstaat behandelt.
     
  • 23. März 2018
    Die EU stimmt einer Übergangsphase zu. Den Briten blieben nach dem Brexit bis Ende 2020 alle Vorzüge und Pflichten eines EU-Landes.
     
  • 6. Juli 2018
    May schwört ihr Kabinett auf einen «weichen Brexit» ein. Kurz darauf treten Aussenminister Boris Johnson und Brexit-Chefunterhändler David Davis verärgert zurück.
     
  • 17. Oktober 2018
    Beim EU-Gipfel gibt es immer noch keinen Durchbruch. Stolperstein bleibt die Grenzfrage zwischen Irland und Nordirland.
     
  • 15. November 2018
    Nach der Einigung zwischen Brüssel und London auf den Text eines Austrittsabkommens treten aus Protest gleich mehrere von Mays Ministern zurück.
     
  • 25. November 2018
    Die Chefs der 27 EU-Länder stimmen dem Austrittsvertrag zu.
     
  • 11. Dezember 2018
    Wegen einer drohenden Niederlage verschiebt May die Abstimmung im Unterhaus über den Austrittsvertrag. Die Empörung über ihre Verzögerungstaktik ist gross.
     
  • 12. Dezember 2018
    Die Tories blasen in einem Misstrauensvotum zum Angriff auf ihre Parteichefin und Premierministerin. May übersteht die Vertrauensabstimmung mit 200 zu 117 Stimmen und bleibt auf ihrem Posten.
     
  • 15. Januar 2019
    Das britische Parlament hat Theresa Mays Brexit-Deal wuchtig mit 432 zu 202 Stimmen abgelehnt. Bis zum 31. Januar muss nun eine Lösung gefunden werden, ansonsten ist der harte Brexit Tatsache. Oppositionsführer und Labour-Chef Jeremy Corbyn stellt einen Antrag auf Vertrauensabstimmung und fordert Neuwahlen.
     
  • 16. Januar 2019
    Die britische Premierministerin Theresa May übersteht zum zweiten Mal innert wenigen Wochen eine Vertrauensabstimmung – diesmal im Parlament. Nach dem überstandenem Misstrauensvotum ruft May das Parlament zur Geschlossenheit in der Brexit-Frage auf.
     
  • 21. Januar 2019:
    May stellt dem Parlament keinen neuen Plan vor, sondern beharrt auf ihrer Linie. Die Premierministerin wiederholte den Aufruf, dass ein harter Ausstieg verhindert werden soll. May will ferner keine zweite Abstimmung, da sie im Parlament keine Mehrheit finden würde. In den nächsten Tagen will sie mit den Abgeordneten über die Nordirland-Lösung («Backstop») diskutieren.
     
  • 29. Januar 2019:
    Bei einer zweiten Abstimmung einigt sich dass britische Parlament darauf, dass es Nachverhandlungen mit der EU braucht. Nur zwei Monate vor dem Brexit will Theresa May das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen wieder aufschnüren. Doch Die Europäische Union lehnt die Änderung des Brexit-Vertrags nach wie vor ab.
     

  • 14. Februar 2019:
    Theresa May verliert erneut eine Abstimmung zum Brexit: Rund sechs Wochen vor dem EU-Austritt hat das britische Parlament die Beschlussvorlage der Regierung abgelehnt, welche die Entscheidungen einer Abstimmungsrunde von Ende Januar als Ganzes bestätigen sollte. Dazu gehörte auch die Ablehnung eines Brexits ohne Abkommen.

  • 26. Februar 2019
    Theresa May gibt ihren Widerstand gegen eine Verschiebung des Brexit auf und stellt einen Drei-Stufen-Plan vor: Am 12. März will sie (erneut) über den Brexit-Entwurf abstimmen. Sollten ihn die Parlamentarier ablehnen, will sie am 13. März darüber abstimmen lassen, ob Grossbritannien die EU ohne Abkommen verlassen soll (No-Deal-Szenario). Lehnen die Parlamentarier auch das ab, will sie am 14. März darüber abstimmen lassen, den Brexit zu verschieben.

  • 23. Januar 2013
    Um die Briten zu beruhigen, kündigt Premierminister David Cameron eine Abstimmung zum Brexit an.
     
  • 23. Juni 2016
    51,9 Prozent der Briten stimmen für den Austritt aus der EU.
     
  • 29. März 2017
    London reicht in Brüssel die Austrittserklärung ein. Die Uhr beginnt zu ticken, in zwei Jahren – am 29. März 2019 – müssen die Briten draussen sein.
     
  • 18. Januar 2018
    Das britische Unterhaus stimmt dem Austrittsgesetz zu.
     
  • 7. März 2018
    EU-Ratspräsident Donald Tusk betont, Grossbritannien werde nur noch wie ein Drittstaat behandelt.
     
  • 23. März 2018
    Die EU stimmt einer Übergangsphase zu. Den Briten blieben nach dem Brexit bis Ende 2020 alle Vorzüge und Pflichten eines EU-Landes.
     
  • 6. Juli 2018
    May schwört ihr Kabinett auf einen «weichen Brexit» ein. Kurz darauf treten Aussenminister Boris Johnson und Brexit-Chefunterhändler David Davis verärgert zurück.
     
  • 17. Oktober 2018
    Beim EU-Gipfel gibt es immer noch keinen Durchbruch. Stolperstein bleibt die Grenzfrage zwischen Irland und Nordirland.
     
  • 15. November 2018
    Nach der Einigung zwischen Brüssel und London auf den Text eines Austrittsabkommens treten aus Protest gleich mehrere von Mays Ministern zurück.
     
  • 25. November 2018
    Die Chefs der 27 EU-Länder stimmen dem Austrittsvertrag zu.
     
  • 11. Dezember 2018
    Wegen einer drohenden Niederlage verschiebt May die Abstimmung im Unterhaus über den Austrittsvertrag. Die Empörung über ihre Verzögerungstaktik ist gross.
     
  • 12. Dezember 2018
    Die Tories blasen in einem Misstrauensvotum zum Angriff auf ihre Parteichefin und Premierministerin. May übersteht die Vertrauensabstimmung mit 200 zu 117 Stimmen und bleibt auf ihrem Posten.
     
  • 15. Januar 2019
    Das britische Parlament hat Theresa Mays Brexit-Deal wuchtig mit 432 zu 202 Stimmen abgelehnt. Bis zum 31. Januar muss nun eine Lösung gefunden werden, ansonsten ist der harte Brexit Tatsache. Oppositionsführer und Labour-Chef Jeremy Corbyn stellt einen Antrag auf Vertrauensabstimmung und fordert Neuwahlen.
     
  • 16. Januar 2019
    Die britische Premierministerin Theresa May übersteht zum zweiten Mal innert wenigen Wochen eine Vertrauensabstimmung – diesmal im Parlament. Nach dem überstandenem Misstrauensvotum ruft May das Parlament zur Geschlossenheit in der Brexit-Frage auf.
     
  • 21. Januar 2019:
    May stellt dem Parlament keinen neuen Plan vor, sondern beharrt auf ihrer Linie. Die Premierministerin wiederholte den Aufruf, dass ein harter Ausstieg verhindert werden soll. May will ferner keine zweite Abstimmung, da sie im Parlament keine Mehrheit finden würde. In den nächsten Tagen will sie mit den Abgeordneten über die Nordirland-Lösung («Backstop») diskutieren.
     
  • 29. Januar 2019:
    Bei einer zweiten Abstimmung einigt sich dass britische Parlament darauf, dass es Nachverhandlungen mit der EU braucht. Nur zwei Monate vor dem Brexit will Theresa May das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen wieder aufschnüren. Doch Die Europäische Union lehnt die Änderung des Brexit-Vertrags nach wie vor ab.
     

  • 14. Februar 2019:
    Theresa May verliert erneut eine Abstimmung zum Brexit: Rund sechs Wochen vor dem EU-Austritt hat das britische Parlament die Beschlussvorlage der Regierung abgelehnt, welche die Entscheidungen einer Abstimmungsrunde von Ende Januar als Ganzes bestätigen sollte. Dazu gehörte auch die Ablehnung eines Brexits ohne Abkommen.

  • 26. Februar 2019
    Theresa May gibt ihren Widerstand gegen eine Verschiebung des Brexit auf und stellt einen Drei-Stufen-Plan vor: Am 12. März will sie (erneut) über den Brexit-Entwurf abstimmen. Sollten ihn die Parlamentarier ablehnen, will sie am 13. März darüber abstimmen lassen, ob Grossbritannien die EU ohne Abkommen verlassen soll (No-Deal-Szenario). Lehnen die Parlamentarier auch das ab, will sie am 14. März darüber abstimmen lassen, den Brexit zu verschieben.

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