Mit Gebeten und Gedanken an die Opfer und ihre Angehörigen sei es nicht getan, sagte Barack Obama. Der US-Präsident wandte sich gestern nach dem Amoklauf mit eindringlichen Worten an die Öffentlichkeit. Die USA sei das «einzige fortschrittliche Land der Erde», das «diese Massen-Schiessereien alle paar Monate» erlebe. «Wir können etwas dagegen tun, aber dafür müssen wir unsere Gesetze ändern», sagte Obama in Richtung des republikanisch dominierten Kongreses.
Dass mit aller Wahrscheinlichkeit ein Zusammenhang zwischen der hohen Zahl an tödlichen Schiessereien in den USA und der laschen Waffengesetze im Land der unbegrenzten Möglichkeiten besteht, wird durch zahlreiche Studien gestützt.
Knapp 10'000 Amokopfer in diesem Jahr
Diverse Organisationen haben sich dem Sammeln von Daten zu Vorfällen mit Schusswaffen verschrieben. Die Zahlen sprechen oftmals für sich. So ist es laut der Statistik der Bürgerbewegung «Everytown for Gun Safety» in diesem Jahr in den USA bereits zu 45 Schiessereien an Schulen gekommen (siehe Karte oben). Das bedeutet durchschnittlich eine Schiesserei pro Woche. In knapp einem von fünf Fällen ist dabei mindestens eine Person ums Leben gekommen.
«Shootingtracker.com» zählt alle Schiessereien unabhängig ihres Tatorts mit mindestens vier Verletzten oder Toten. Die Organisation, die ihre Auswertung auf Medienberichte über die Schiessereien stützt, hat seit Anfang Jahr 294 blutige Vorfälle registriert – mehr als einen täglich.
Knapp 10'000 Menschen sind durch die abgegebenen Schüsse ums Leben gekommen, hält das «Gun Violence Archive» fest, das eigenen Angaben zufolge für die täglich aktualisierte Statistik über 1200 Quellen auswertet. Demnach wurden über 20'000 Personen verletzt.
30 Prozent der Amokschützen sind Nachahmer
Dabei führt eine Bluttat nicht selten zur nächsten: Eine vor zwei Monaten veröffentlichte Studie der Arizona State University und der Northeastern Illinois University kommt zum Schluss, dass tödliche Schiessereien zu Nachahmungstaten führen.
Man habe «deutliche Hinweise» darauf gefunden, dass «Massenmorde mit Schusswaffen durch entsprechende Vorfälle in der unmittelbaren Vergangenheit» inspiriert werden, schreiben die Forscher. Bis zu 30 Prozent der Vorfälle sollen Nachahmungstaten sein. Der Effekt einer erhöhten Wahrscheinlichkeit eines Massenmords halte jeweils rund 13 Tage an.
Ein Blick auf die vergangenen Jahre zeigt ausserdem, dass zwischen Amokläufen in den USA immer weniger Tage vergehen. So hat sich die Rate der Amokläufe auf US-Boden seit 2011 verdreifacht. Wie Daten des Investigativmagazins «Mother Jones» belegen, kam es in den Jahren 2011 bis 2014 im Durchschnitt alle 64 Tage zu einem Amoklauf, während dies in den vorangegangenen 29 Jahren nur alle 200 Tage der Fall war.
Der Eindruck täuscht also nicht: Die Zahl der Massen-Schiessereien in den USA nimmt tendenziell immer weiter zu. Geht man nach der Statistik, ist es derzeit also nur eine Frage der Zeit, bis uns aus den USA die nächste Meldung über eine Bluttat erreicht. (lha/gr)