Auf 100 Kilometer-Lauf von Hagel und Kälte überrascht
21 Tote bei Brutalo-Marathon in China

Bei einem 100-Kilometer-Marathon in China sind 21 Läufer ums Leben gekommen.
Publiziert: 23.05.2021 um 07:29 Uhr
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Aktualisiert: 23.05.2021 um 12:39 Uhr
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Unterkühlt: Bei einem 100-Kilometer-Marathon wurden die Läufer von Hagel und Eisregen überrascht.
Foto: AFP

Hagel, Regen und klirrende Kälte. Das wurde 21 Teilnehmern eines Gebirgs-Marathons im Nordwesten Chinas zum Verhängnis. Sie überlebten den 100-Kilometer-Marathon nicht. Unter den Toten seien auch chinesische Spitzen-Langstreckenläufer, berichteten örtliche Medien.

Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua waren mehr als 700 Rettungskräfte im Einsatz. Laut Xinhua brach das Unwetter am Samstagnachmittag herein, als die 172 Teilnehmer zwischen 20 und 31 Kilometer weit durch bergiges Gebiet gelaufen waren. Die Temperaturen sanken innerhalb kürzester Zeit drastisch. Dazu kam ein Sturm mit heftigen Böen.

Die Folgen des plötzlichen Unwetters waren fatal: Viele Läufer verirrten sich in dem steilen Gelände, brachen unterkühlt und entkräftet zusammen. Über Handy riefen Teilnehmer verzweifelt um Hilfe. «Kommt in die Berge, um die Leute zu retten», schrieb einer in einer Textnachricht. «Zu viele frieren und haben sich verlaufen.»

«Wir sind in einer Schlucht», schrieb ein anderer. «Eine Läuferin leidet unter Unterkühlung und kann sich nicht mehr bewegen.» Auch wurde berichtet: «Einige sind bewusstlos». In den Hilferufen hiess es zudem: «Es ist tragisch» und «Kommt so schnell wie möglich!» oder «Der Wind ist zu stark». Die lokalen Behörden brachen den Marathon ab und organisierten eine Rettungsaktion mit 1200 Helfern, die über Nacht bis Sonntag dauerte, wie Staatsmedien meldeten.

Drohnen mit Wärmesensoren kamen zum Einsatz

Die Suche war in dem unwegsamen, bis zu 2000 Meter hohen Gelände sehr schwierig. Nur die ersten 24 Kilometer der Strecke seien mit dem Auto befahrbar gewesen. Auch fielen die Temperaturen über Nacht noch einmal weiter. Es seien Drohnen mit Wärmesensoren eingesetzt worden, um Vermisste aufzuspüren, hiess es in Staatsmedien. Läufer, die von den Bergen zurückkamen, berichteten, dass nahe des zweiten Checkpoints plötzlich Eisregen niedergegangen und starker Wind aufgekommen sei. Einige weinten erschüttert und berichteten, erschöpfte Läufer auf dem Boden liegen gesehen zu haben.

Die Provinzregierung setzte eine Sonderkommission ein, die die Vorfälle untersuchen soll. «Als Organisatoren der Veranstaltung fühlen wir uns zutiefst schuldig und machen uns Vorwürfe», sagte Zhang Xuchen, der Bürgermeister von Baiyin, auf einer Pressekonferenz. «Wir sprechen den Opfern und ihren Familien unser tiefes Mitgefühl aus.» Die Suche sei am Sonntagmorgen abgeschlossen worden. Alle Vermissten seien gefunden worden. 151 Teilnehmer des Marathons seien in Sicherheit.

Der 100 Kilometer lange Bergmarathon in der malerischen Touristenregion wird zusammen mit zwei kürzeren Cross-Country-Läufen bis 21 Kilometer seit vier Jahren jährlich veranstaltet. Die Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» berichtete, dass sich fast 10 000 Teilnehmer für die drei verschiedenen Läufe angemeldet hätten.

Läufer wurde nur eine Jacke empfohlen

Videoaufnahmen zeigten Rettungskräfte, die mit Taschenlampen in der Nacht durch das felsige Gelände kletterten. Einige in schwere Decken eingewickelte Marathonteilnehmer wurden dabei gefilmt, wie sie von Rettern auf eine Trage gelegt wurden. «Mein ganzer Körper war durchnässt, einschliesslich meiner Schuhe und Socken. Die Kälte wurde immer unerträglicher», berichtete ein Überlebender den örtlichen Medien.

Unter den Toten seien auch der Gewinner der vorangegangenen Rennen, Liang Jing, sowie der hörbehinderte Läufer Huang Guanjun, der 2019 den Marathon bei Chinas nationalen Paralympischen Spielen gewonnen hatte, berichteten Staatsmedien. Im Internet wurde Kritik an den Organisatoren und der mangelnden Vorbereitung laut. Es wurde die Frage gestellt, «ob es wirklich eine Naturkatastrophe oder eine von Menschen verursachte» gewesen sei.

Erfahrene Läufer wiesen darauf hin, dass Organisatoren bei Laufstrecken unter ähnlichen Bedingungen von Teilnehmern forderten, warme und wasserdichte Jacken und Hosen sowie Thermounterwäsche, Handschuhe und Mützen mitzunehmen. Bei dem Rennen in Gansu seien Jacken aber nur «empfohlen» gewesen, hiess es. Allein die faltbaren Notfalldecken seien verpflichtend gewesen.

Der Ultramarathon fand im Steinwald am Gelben Fluss statt, einer für ihre Steinformationen berühmten Berglandschaft. Die Provinz Gansu, eine der ärmsten Regionen Chinas, grenzt im Norden an die Mongolei und im Westen an die Provinz Xinjiang.

«Sogar meine Zunge fühlte sich gefroren an»

Ein Grossteil der Sportler war nur leicht bekleidet. Sie trugen laut «CNN» nur ein T-Shirt und eine kurze Hose. Zu wenig für die plötzliche fallenden Temperaturen. «An einem Punkt konnte ich meine Finger nicht mehr spüren. Sogar meine Zunge fühlte sich gefroren an», sagte einer der Läufer zu «Red Star News», der sich daraufhin dazu entschloss, das Rennen abzubrechen.

Einer der Rettungskräfte gab ihm die Anweisung in einer nahe gelegenen Holzhütte Schutz zu suchen. Dort hätten sich bereits zehn weitere Läufer befunden. «Wir warteten zusammen in der Hütte etwa eine Stunde lang auf Rettung. Zum Schluss waren wir 50 Sportler in der Hütte.» Sie hatten Glück und überlebten den Mega-Marathon. (SDA/jmh)


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