Während in Paris Macron, Merkel und Trump dem Ende des Ersten Weltkrieges gedenken, sorgt das Jubiläum in Polen für dicke Luft in Warschau.
In den vergangenen Tagen hatte in Polen ein erbitterter Streit um den so genannten Unabhängigkeitsmarsch in Warschau getobt, einen seit 2009 stattfindenden Aufmarsch von Rechtsradikalen am Unabhängigkeitstag. Im vergangenen Jahr hatten Teilnehmer nationalistische, rassistische und antisemitische Parolen skandiert und damit im In- und Ausland für Empörung gesorgt.
Trotz dieser Vorfälle gratulierte US-Präsident Donald Turmp Polen zum 100. Jahrestag. Auf Twitter schrieb er: «Polen, ein grossartiges Land - Glückwunsch zum 100. Jahrestag zur Unabhängigkeit. Ich werde meine Zeit dort nie vergessen!»
Der aus Polen stammende EU-Ratspräsident Donald Tusk hat seine Landsleute zum 100. Jahrestag der Unabhängigkeit zu Einigkeit aufgerufen. Die Polen stritten «manchmal zu stark» über ihr Land, sagte Tusk am Sonntag vor rund tausend Menschen, nachdem er Blumen am Denkmal des Unabhängigkeitshelden Jozef Pilsudski in Warschau niedergelegt hatte.
Hohes Sicherheitsaufgebot
Warschaus liberale Bürgermeisterin Hanna Gronkiewicz-Waltz verbot den diesjährigen Aufmarsch zunächst wegen Sicherheitsbedenken. Ein Gericht kippte ihre Entscheidung dann aber wieder.
Präsident Andrzej Duda und der konservative Regierungschef Mateusz Morawiecki entschieden daraufhin, den Marsch in einen Staatsakt einzubinden und durch ein hohes Sicherheitsaufgebot Vorkommnisse wie im vergangenen Jahr zu verhindern. Zuvor sollte eine Militärparade in Warschau stattfinden.
Der Plan war jedoch kein Garant für einen friedlichen Ablauf. Die rechtsradikalen Organisatoren, unter anderem von der rechtsradikalen Organisation Nationalradikales Lager (ONR), hielten im Vorfeld daran fest, dass es sich um zwei verschiedene Veranstaltungen auf derselben Route durch Warschau handle.
Unabhängigkeit nach langer Zeit
Linke Gruppen kündigten an, den Marsch der Rechtsradikalen blockieren zu wollen, und die Botschaften der USA, Kanadas und der Ukraine warnten vor möglicher Gewalt im Zusammenhang mit dem Aufmarsch.
Da die Unabhängigkeitsfeierlichkeiten in Polen mit dem Gedenken an das Ende des Ersten Weltkrieges in anderen europäischen Ländern zusammenfallen, wurde bis auf Tusk kein bedeutender Gast in Warschau erwartet. Polen hatte 1918 nach 123 Jahren Teilung zwischen dem russischen Zarenreich, Preussen und Österreich-Ungarn seine Unabhängigkeit wiedererlangt.
Polen zunehmend isoliert
Das Land ist derzeit tief gespalten. Die rechtsnationalistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) steht vor allem wegen ihrer umstrittenen Justizreformen in der Kritik. Die liberale Opposition und die EU-Kommission sehen darin eine Bedrohung für den Rechtsstaat und die Demokratie. International ist das Land zunehmend isoliert.
Kritiker werfen der PiS zudem vor, auf einen Austritt des Landes aus der Europäischen Union hinzuarbeiten. Tusk, der als möglicher Präsidentschaftskandidat in Polen bei den Wahlen 2020 gilt, hatte einen so genannten Polexit kürzlich als «todernstes Risiko» bezeichnet. (SDA)