IS bekennt sich zu Anschlag in Ansbach (D)
Täter war «Soldat des Islamischen Staates»

Publiziert: 25.07.2016 um 00:47 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:16 Uhr
Hier lebte der Attentäter von Ansbach
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Asylbewerberunterkunft in Ex-Hotel:Hier lebte der Attentäter von Ansbach

Nach dem Bombenanschlag von Ansbach besteht laut der Bundesanwaltschaft der Verdacht, dass der 27-jährige Täter Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) war. Die Behörde übernahm daher Ermittlungen unter anderem wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung.

Das teilte sie am Montagabend in Karlsruhe mit. Auf einem Handy des syrischen Flüchtlings sei ein Video gesichert worden, in dem eine vermummte Person ihre Zugehörigkeit zu IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi bezeuge. Nach dem Ermittlungsstand sei davon auszugehen, dass es sich um den Täter von Ansbach handle. Es bestehe der Verdacht, dass er die Tat «als Mitglied des IS» begangen habe.

Geklärt werden solle auch, ob weitere Beteiligte oder Hintermänner in die Tat eingebunden gewesen seien. Die Bundesanwaltschaft ermittelt ausserdem wegen versuchten Mordes und anderer Straftaten.

IS hat den Anschlag für sich beansprucht

Der Attentäter von Ansbach war dem IS-Sprachrohr Amak zufolge ein «Soldat des Islamischen Staates». Das teilte Amak am Montag im Internet mit. Der Attentäter sei Aufrufen gefolgt, Länder anzugreifen, die an der Allianz zur Bekämpfung des IS beteiligt seien.

Kurz zuvor hatte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann bei einer Pressekonferenz (Bild) erklärt, der Attentäter habe in einem Video seine Zugehörigkeit zum so genannten Islamischen Staat (IS) bekannt und den Anschlag als Vergeltung für die Tötung von Muslimen bezeichnet.

Der 27 Jahre alte Asylbewerber aus Syrien hatte sich im fränkischen Ansbach am Sonntagabend am Rande eines Open-Air-Konzerts in die Luft gesprengt und selbst getötet. Verletzt wurden 15 weitere Menschen, einige schwer.

Der Täter hinter dem Bombenanschlag von Ansbach reiste am 3. Juli 2014 erstmals nach Deutschland ein, erklärt Bayerns Innenminister Herrmann. Ein Abschiebungsantrag verzögerte sich wegen psychischer Labilität des Syrers. Er war deshalb zwischenzeitlich auch in einer Klinik zur Behandlung.

Material für weitere Bomben und Bekennervideo

Bei der Durchsuchung der Asylunterkunft wurden Benzin, Salzsäure, Alkoholreiniger, Lötkolben, Drähte und Kieselsteine gefunden, sagt die Polizei.

Die Fülle von weiterer Materialien gefunden worden, die zum Bau weiterer Bomben geeignet gewesen wären, darunter Lötkolben und Batterien, sagte Herrmann. Der Sprengsatz, mit dem sich der Attentäter in die Luft sprengte, enthielt viele Metallteile und scharfkantige Bleche, um so möglichst viele Menschen zu verletzen.

Auf dem Handy des Attentäters wurde ein Bekennervideo gefunden: Er habe «Deutsche töten wollen, weil sie sich dem Islam in den Weg stellen und Muslime töten.» Der Flüchtling beziehe sich auf Abu Bakr al-Baghdadi, den Anführer der Terrormiliz «Islamischer Staat».

Aufgrund des Videos sehen es die Ermittler als erwiesen, dass es sich um einen Anschlag mit islamistischem Hintergrund handelt.

Der deutsche Bundesinnenminister Thomas de Maizière kündigte als unmittelbare Reaktion an, die Polizeipräsenz im öffentlichen Raum nochmals zu erhöhen. Direkt an die Bevölkerung wendet er sich mit den Worten: «Jeder dieser Fälle ist einer zu viel. Trotzdem ist Besonnenheit gerade in der aktuellen Lage eine wichtige Tugend.»

Die Explosion in Ansbach ereignete sich am Sonntag kurz nach 22 Uhr auf einer Strasse in der Innenstadt vor einem Restaurant, direkt vor einem Einlass in die Reitbahn. Dort fanden die Ansbach Open statt, ein dreitägiges Open Air.

Täter tot – er versuchte aufs Festgelände zu kommen

Ein Mann wurde dabei getötet, 15 weitere verletzt, vier von ihnen schwer. In Lebensgefahr befindet sich niemand. Laut Innenministerium handelt es sich bei dem Toten um den Tatverdächtigen. Die Rettungskräfte hatten ihn vor Ort noch versucht wiederzubeleben, doch der Attentäter verstarb kurz darauf.

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Ein Polizist fotografiert die Wohnung des Bomben-Attentäters.
Foto: Reuters

Der Täter soll laut «Nordbayern.de» einen Rucksack getragen und offenbar versucht haben, auf das Festivalgelände vorzudringen. Er wurde am Eingang aber zurückgewiesen, weil er keine Eintrittskarte hatte. Er soll bis kurz vor der Explosion mit seinem Handy telefoniert haben.

Der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger sagte: «Wenn er mit dem Rucksack in die Veranstaltung gelangt wäre, hätte es bestimmt mehr Opfer gegeben.»

Flüchtling aus Syrien – Asyl wurde abgelehnt

Beim mutmasslichen Täter handelt es sich um einen 27-jähriger Syrer, der vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen war. Sein Asylantrag wurde abgelehnt.

Er erhielt aber eine sogenannte «Duldung» und lebte in einer Unterkunft in Ansbach. Allerdings hätte er nach Angaben des deutschen Innenminsteriums Bulgarien abgeschoben werden sollen. Warum die Abschiebung des Syrers nicht vollzogen wurde, konnte ein Ministeriumssprecher nicht sagen. Abschiebungen lägen in der Zuständigkeit der Länder.

Weiter sagte der Sprecher, dass Syrer wegen des Bürgerkrieges momentan nicht in ihre Heimat abgeschoben werden könnten. Dies bedeute aber nicht, dass Syrer nicht in Drittstaaten abgeschoben werden dürften. Im Eurodac-System, der gesamteuropäischen asylrechtlichen Datenbank, sei der Attentäter von Ansbach von Behörden insbesondere in Bulgarien und in Österreich erfasst worden.

Der Täter sei wegen zweier Suizidversuche im Bezirksklinikum Ansbach behandelt worden. Er war in der Vergangenheit bereits straffällig geworden - offenbar ging es Drogen und Nötingungdelikte.

2500 Menschen bei Openair evakuiert

Das Open-Air wurde abgebrochen. Rund 2500 Menschen mussten den Event verlassen. Ein Festivalbesucher sagte gegenüber Sat1: «Die Band spielte, es gab einen lauten Knall, alle schauten zurück. Ein Mann vom Sicherheitsdienst rannte zum Eingang. Dort lagen zwei Leute auf dem Boden. Ich sah zwei Menschen, die Verletzungen an Kopf und Hals hatten. Ich habe sie beruhigt. Die Polizei hat den Platz geräumt, niemand hat geschrien, alle gingen ganz normal. Es war wie eine Explosion, ganz laut, man merkte den heftigen Druck am Körper.»

Der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger sagte: «Wenn er mit dem Rucksack in die Veranstaltung gelangt wäre, hätte es bestimmt mehr Opfer gegeben.»

Nach dem Anschlag war die komplette Altstadt des Ortes abgeriegelt, Anwohner konnten zunächst nicht zurück in ihre Häuser. Auf der Promenade vor dem Ansbacher Schloss in der Innenstadt sammelten sich Rettungskräfte, Sanitäter waren mit Tragen in der Innenstadt.

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