Ein grosses «J», ein bauchiges «B». Fast ehrfürchtig unterschrieb US-Präsident Joe Biden (78) am Donnerstag im Oval Office sein Konjunkturpaket. Die Unterschrift unter dem «American Rescue Plan» könnte die wichtigste seiner Amtszeit werden.
Gigantische 1,9 Billionen US-Dollar stecken in dem Paket, mit dem Biden die Folgen der Corona-Krise abfedern und die Wirtschaft ankurbeln will. Die «Zeit» verglich die Geldmenge so: Würde man die 1,9 Billionen in 20-Dollar-Noten aufeinanderlegen, hätte der Stapel in etwa die Höhe des Mount Everest.
«Ich glaube, dass es bei dieser historischen Gesetzgebung darum geht, das Rückgrat dieses Landes wieder aufzubauen und den Menschen in dieser Nation – den Arbeitern, den Leuten aus der Mittelschicht, den Menschen, die das Land aufgebaut haben – eine Chance im Kampf zu geben. Das ist die Essenz dieses Gesetzes», erklärte Biden.
Steuerzahler erhalten nun Barschecks in Höhe von 1400 US-Dollar pro Person. Das Paket beinhaltet ausserdem Mittel für Corona-Tests, die Impfkampagne, Schulöffnungen, Geld für klamme Bundesstaaten und Kommunen sowie zusätzliche Hilfen für Familien wie etwa ein Kindergeld. Einer Schätzung der Columbia-Universität nach könnten die Massnahmen die Armutsquote in den USA um ein Drittel und die Kinderarmut sogar um mehr als die Hälfte senken.
Das Geld kommt auch in der Schweiz an
In der Bevölkerung ist der Rückhalt gross. Während die republikanischen Abgeordneten und Senatoren das Paket boykottierten, stehen selbst ihre Wähler dahinter. Neuste Umfragen befanden, dass 41 Prozent (Pew) bis 59 Prozent (Politico) der republikanischen Wähler das Paket befürworten.
Neben Amerikanern dürfen sich aber auch Schweizer über Bidens Giga-Konjunkturpaket freuen. Pumpt der zweitwichtigste Handelspartner der Schweiz 1,9 Billionen in die Wirtschaft, kommt das zwangsläufig auch hierzulande an.
Kaum hatte der Senat grünes Licht gegeben, verzeichnete die Schweizer Börse den kräftigsten Anstieg seit gut vier Monaten. Experten erwarten, dass besonders die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie sowie die Pharmabranche profitieren.
Übertreibt Biden mit der Summe?
Doch Bidens Konjunkturpaket ist auch riskant. Die «Corona-Delle» scheint bereits ausgeglichen (siehe Grafik), die Prognosen für das aktuelle Quartal sehen gut aus – und das Impftempo steigert die Hoffnungen auf eine Erholung der Wirtschaft weiter. Ökonomen rechnen bereits im Sommer mit einem Boom.
Giesst Biden gegen alle Regeln der Fiskalpolitik also Staatsgeld in loderndes Feuer – wie es Trump etwa mit seinen Steuersenkungen 2017 gemacht hat? Der frühere IWF-Chefökonom Olivier Blanchard (72) warnt vor einer «Überstimulierung» und einem drohenden «Inflations-Monster».
Doch Biden nutzte das Corona-Momentum bewusst, um seine Sozialpolitik voranzutreiben. Der Handlungszeitrahmen für US-Präsidenten ist durch die Halbzeitwahlen eng. Schon 2022 könnte Biden – wie damals Obama – seine dünne Kongress-Mehrheit verlieren.
Biden korrigierte Trump-Fehler
Noch sind die Auswirkungen des Giga-Pakets unabsehbar. Weil in den USA im Vergleich zur Schweiz automatische Stabilisatoren wie etwa Kurzarbeitsentschädigungen fehlen, muss das Land in Krisen massiv reagieren. Das tat auch die Trump-Regierung im vergangenen Jahr.
Allerdings floss von den historischen 2,2 Billionen im März und den 900 Milliarden im Dezember nur wenig direkt in die Tasche der Amerikaner – was laut dem Schweizer Harvard-Professor Felix Oberholzer-Gee (60) gesamtwirtschaftlich einen besseren Einfluss gehabt hätte. Diesen Fehler hat Joe Biden nun korrigiert.