Alt Bundeskanzler François Couchepin ist im Alter von 88 Jahren verstorben, wie der Bundesrat am Samstag in einer Mitteilung bekannt gibt. Der Walliser FDP-Politiker war von 1991 bis 1999 Bundeskanzler.
François Couchepin war Sohn eines Bundesrichters und studierte in Lausanne Recht. Zwei Jahre nach seinem Studienabschluss mit dem Lizenziat erwarb er 1959 das Walliser Notariats- und Anwaltspatent. Von 1964 bis 1980 führte er eine eigene Anwaltspraxis in Martigny VS. 1965 wurde François Couchepin in den Walliser Grossen Rat gewählt, dem er bis 1980 angehörte. Dort war er zuerst Sekretär, später Präsident der freisinnigen Fraktion. 1980 trat er als Chef der französischen Sektion der zentralen Sprachdienste in die Bundeskanzlei ein. 1981 wählte ihn der Bundesrat zum Vizekanzler. 1990 wurde François Couchepin interimistisch als Sonderbeauftragter für Staatsschutzakten eingesetzt.
Enge Wahl um Bundeskanzler
Bei der Wahl des neuen Bundeskanzlers 1991 war die Palette der Kandidaten für den Kanzlerposten gross. Die FDP portierte Vizekanzler Couchepin, die CVP Vizekanzler Achille Casanova, die SVP Max Friedli und die SP Kurt Nuspliger. Im sechsten Wahlgang wurde François Couchepin schliesslich gegen den in letzter Minute ins Spiel gebrachten SVP-Kandidaten Fritz Mühlemann als Nachfolger von Walter Buser zum Bundeskanzler gewählt.
Während François Couchepins Amtszeit wurden mit zwei Revisionen des Bundesgesetzes über die politischen Rechte von 1994 und 1996 zunächst das Nationalratswahlrecht und anschliessend das Initiativ- und das Abstimmungsrecht reformiert. Volksinitiativen müssen seither innert zehn Monaten nach Abschluss ihrer parlamentarischen Beratung der Volksabstimmung unterbreitet werden. Auch die Revision des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz fiel in die Zeit François Couchepins.
Bundesrat spricht Mitgefühl aus
Die elektronische Infrastruktur und entsprechende Dienstleistungen bis hin zum damaligen Internetauftritt der Bundeskanzlei wurden unter François Couchepin ausgebaut: Seit 1999 sind die amtliche Sammlung der eidgenössischen Gesetze, die systematische Rechtssammlung und das Bundesblatt auf Deutsch, Französisch und Italienisch via Internet abrufbar. Ausserdem wurde die Ko-Redaktion der Rechtserlasse durch eine gemischtsprachige verwaltungsinterne Redaktionskommission aufgebaut.
Im Gefolge des Engagements der internationalen Staatengemeinschaft und der Schweiz bei der Befriedung des Balkans sorgte die Bundeskanzlei 1996 dafür, dass die Wahlen in Mostar, in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo auch unter Asylsuchenden in der Schweiz durchgeführt werden konnten. Mit Erreichen des Pensionsalters trat François Couchepin per Ende 1999 zurück.
Bundesrat und Bundeskanzlei sprechen in ihrer Mitteilung der Trauerfamilie ihr tief empfundenes Mitgefühl aus. (lui)