Es steht 1:1 und doch gibt es einen Verlierer: das Dorf Büsingen am Hochrhein im Kanton Schaffhausen. Es leidet enorm unter dem schwachen Euro, der heute zeitweise sogar knapp unter die Paritätsgrenze sackte. Denn die Büsinger, von denen 99 Prozent in der Schweiz arbeiten und ihren Lohn in Franken bekommen, zahlen ihre Steuern in Euro an den deutschen Staat.
Kursschwankungen schlügen direkt auf diese Steuerschuld durch, sagte der Bürgermeister Markus Möll gegenüber Cicero Online. «Bei einem schwachen Euro steigen die Steuern an, obwohl kein Rappen mehr verdient wird und auch die hohen Lebenshaltungskosten sich nicht geändert haben.»
Deutsche Steuern, Schweizer Lebenshaltungskosten
Die liegen auf dem hohen Schweizer Niveau, weil das 1350-Seelen-Dorf zwar staatsrechtlich zu Deutschland gehört, aber Teil des Schweizer Zoll- und damit Wirtschaftsraumes ist. Die Steuern steigen mit einem erstarkendem Franken sogar noch heftiger, aufgrund des relativ früh ansetzenden progressiven Systems in Deutschland. Netto verdienen die Einwohner Büsingens bei gleicher Arbeit also weniger Geld. Währungskrise im Mikrokosmos.
Zum Geldabheben müssen die meisten Büsinger das Dorf verlassen. Viele Banken seien unsicher, ob nun Schweizer, deutsche oder EU-Gesetze griffen, und hätten deshalb ihre Filialen geschlossen, sagte der Bürgermeister Möll gegenüber Cicero Online. Nur die Sparkasse Engen-Gottmadingen hat noch eine Niederlassung im Dorf. Blick-Anfragen zur aktuellen Situation bleiben dort aber unbeantwortet. Eine brenzlige Situation, da ein Franken einen Euro wert ist.
«Das wird dazu führen, dass Büsingen weiter ausblutet», zitiert Spiegel Online Bürgermeister Möll. Diese kleine Welt, die mal den Habsburgern, später zum Königreich Württemberg und heute zum deutschen Bundesland Baden-Württemberg gehört, ist in Gefahr.
Büsingen - Altersheim für Schweizer?
Die jungen Büsinger zieht es schon länger ins nur drei Kilometer entfernte Schaffhausen, wo sie weniger Steuern zahlen. Gut 33 Prozent der Einwohner sind heute 65 Jahre oder älter. Damit ist Büsingen die älteste Gemeinde in Baden-Württemberg. Ein Drittel hat einen Schweizer Pass – Tendenz steigend.
Für Schweizer Rentner ist das Dorf attraktiv. Denn hier werden, wie im Rest Deutschlands, Einkünfte aus Renten erst ab 2040 zu 100 Prozent als Einkommen versteuert. Die deutschen Renten fielen dagegen wegen des Wechselkursgefälles unter die Armutsgrenze, sagt eine Bürgeraktion, die bisher vergeblich den Angleich der Steuern auf Schweizer Niveau fordert.
Dass irgendwann in dem kleinen deutsche Dörfchen im Kanton Schaffhausen nur noch Schweizer Rentner leben könnten, halten einige Büsinger für kein unrealistisches Schreckensszenario, sondern für eine nicht mehr weit entfernte Zukunft.