Ostern ist für viele Menschen eine Zeit der Besinnung und Entspannung. Haben auch Sie etwas Zeit zum Ausspannen?
René Brülhart: Ein wenig, ja. Vielleicht finde ich sogar Zeit, ein paar Ostereier zu suchen. Aber es liegen auch noch einige Aufgaben vor uns, unter anderem die Integration des Vatikans ins europäische Zahlungssystem. Auf meinem Schreibtisch stapeln sich Akten, die werden auch über Ostern nicht ruhen.
Ihre Amtszeit als Präsident der Finanzaufsicht des Vatikans (AIF) endet 2019. Was haben Sie bis dahin noch vor?
Amtszeiten sind relativ. Man sollte nicht zu sehr in die Zukunft schauen, in der Gegenwart gibt es genug zu tun. Es ging von Anfang an darum, ein nachhaltiges System zum Schutz vor finanziellem Missbrauch zu etablieren. Da sind wir auf einem guten Weg. In einigen Wochen werden wir die neusten Statistiken präsentieren. Ich gehe davon aus, dass die Fallzahlen deutlich zurückgegangen sind. Die Medienkonferenzen sind langweiliger geworden – das ist gut so!
In Rom wohnen Sie im gleichen Gästehaus wie der Papst. Können Sie sich mit ihm austauschen?
Was hinter den dicken Mauern geschieht, bleibt hinter den dicken Mauern. Dazu kann und will ich nichts sagen.
«Geld soll dienen – nicht herrschen», sagt Papst Franziskus. Ist diese Botschaft im Kirchenstaat bei allen angekommen?
Das dienende Element ist im Vatikan ein sehr entscheidendes. Die Frage ist: Welche Funktion kommt Geld zu? Wie wird Geld eingesetzt? Geld soll keine Triebfeder sein, Geld ist ein Instrument ...
... auch ein Machtinstrument!
Zum Teil leider ja! In der Vergangenheit hat es Fälle gegeben, die problematisch und auch in den Medien waren. Darum braucht es nachhaltige Kontrollmechanismen, um beim Missbrauch des Instrumentes Geld korrigierend eingreifen zu können.
Braucht es nicht noch mehr, beispielsweise ein Umdenken?
Möglicherweise ja. Ein Umdenken bezüglich der Werte, die für uns wichtig sind. Werte wie Einfachheit, Menschlichkeit und Respekt.
Einfachheit? Das ist nicht gerade ein Wert, den man mit der Finanzbranche verbindet.
Ich habe ein gewisses Verständnis für das Banken-Bashing, wie es in der Schweiz und anderswo insbesondere nach der Finanzkrise stattgefunden hat. Auch bei Banken geht es schlussendlich um die Frage ihrer Funktion für eine Volkswirtschaft. Banken sind ein Instrument im Dienste der Wirtschaft: wie beim Hausbau, beim Sparen, bei der Kreditvergabe. Diese ursprünglichen – und grundsätzlich einfachen – Aufgaben sollten bei Banken nach wie vor eine hohe Relevanz haben.
Die Gier gehört zu den sieben Todsünden. Sie ist ein Attribut, das viele eher mit der Finanzbranche in Verbindung bringen.
Es geht darum, Respekt gegenüber anderen zu zeigen – auch im Geschäftsleben. In der Wirtschaft sollte sich nicht alles um Gewinnmaximierung drehen. Es braucht ein Miteinander und eine Kultur des Teilens.
Der Freiburger René Brülhart (47) kämpft seit Jahren gegen Geldwäsche und Schwarzgeld: Seit 2012 als Direktor, seit 2014 als Präsident der Finanzaufsicht des Vatikans – bis heute. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die Kontrolle des «Instituts für die religiösen Werke» – kurz: der Vatikanbank. Zuvor leitete Brülhart die Geldwäschereibehörde in Liechtenstein. Er lebt in Zürich und sitzt seit zwei Jahren auch im Verwaltungsrat der Hypothekarbank Lenzburg.
Der Freiburger René Brülhart (47) kämpft seit Jahren gegen Geldwäsche und Schwarzgeld: Seit 2012 als Direktor, seit 2014 als Präsident der Finanzaufsicht des Vatikans – bis heute. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die Kontrolle des «Instituts für die religiösen Werke» – kurz: der Vatikanbank. Zuvor leitete Brülhart die Geldwäschereibehörde in Liechtenstein. Er lebt in Zürich und sitzt seit zwei Jahren auch im Verwaltungsrat der Hypothekarbank Lenzburg.
Sie sind auch Verwaltungsrat bei der Hypothekarbank Lenzburg. Gibt es Synergien mit Ihrer Arbeit im Vatikan?
Gewisse Gemeinsamkeiten, nicht aber Synergien. Ich sehe mich gegenüber den 1,3 Milliarden Katholiken genauso in der Verantwortung wie den 1500 Aktionären der «Hypi», die ich kürzlich an der GV gesehen habe. Hier wie dort geht es um Vertrauen und Transparenz.