Vor dem Strafgericht in Boudry NE hat am Dienstag der Prozess gegen vier junge Männer wegen Kidnappings und schwerer Freiheitsberaubung begonnen. Sie sind angeklagt, 2015 den Sohn eines wohlhabenden Mannes entführt zu haben, um von diesem eine Lösegeldsumme von 3,2 Millionen Franken zu verlangen.
Die vier Männer - zur Tatzeit zwischen 20 und 26 Jahre alt - sind auch wegen versuchter räuberischer Erpressung und Eigentumsbeschädigung angeklagt. Eine Ausdehnung der Anklage auf Geiselnahme wurde vom Bezirksgericht des Littoral und des Val-de-Travers am Dienstag nach kurzer Beratung abgelehnt.
Täter aus gutem Hause
Der Anführer der Bande muss sich zusätzlich wegen missbräuchlichen Gebrauchs von Autokennzeichen und unerlaubten Lenkens eines Fahrzeugs verantworten. Laut der Anklageschrift stammen die vier Angeklagten alle aus sogenannt gutem Haus. Zwei von ihnen schmiedeten im Sommer 2015 den Plan, einem wohlhabenden Mann aus der Umgebung von Neuenburg eine grössere Geldsumme abzuknöpfen.
Sie engagierten dafür einen dritten Kollegen, der ihnen als Chauffeur diente. Der erste Versuch der räuberischen Erpressung scheiterte, weil das Opfer nicht zu Hause war. Ein zweiter Versuch per Telefon im Oktober 2015 misslang ebenfalls, weil der Telefonhörer aufgelegt wurde, bevor die Erpresser reden konnten.
Die drei Männer rekrutierten daraufhin einen vierten Komplizen für eine grössere Aktion. Sie entschieden sich, den Sohn des wohlhabenden Mannes zu entführen. Sie trafen Vorbereitungen, kauften Softair-Waffen, Kapuzen und Handschuhe. Ausserdem beschafften sie sich gefälschte Nummernschilder.
Lösegeld von 3,2 Millionen Franken gefordert
Am 12. November 2015 schritt die Viererbande laut Staatsanwaltschaft zur Tat: Die Angeklagten entführten den jungen Mann und stülpten ihm einen Abfallsack über den Kopf. Im Wald von Bevaix NE befahlen sie ihm unter Androhung der Waffenimitationen, auf dem Weg niederzuknien, den Vater anzurufen und diesem einen Text vorzulesen, worin eine Lösegeldsumme von 3,2 Millionen Franken gefordert wurde.
Die maskierten Geiselnehmer liessen den jungen Mann anschliessend frei. Sie übergaben ihm einen schwarzen Beutel mit einem Brief betreffend die geforderte Geldsumme, das Datum der Übergabe und einer Wegbeschreibung zum Ort, wo die Geldsumme eine Woche später übergeben werden sollte, nämlich in der Arena von Avenches VD. Die Männer entliessen ihre Geisel mit der Drohung, dass sie «alle töten würden», falls es das kleinste Problem gebe.
Anstatt die Übergabe des Lösegeldes in der Arena von Avenches abzuwarten, entschieden sich die Männer, das Fahrzeug des Vaters ihrer Geisel auf der Brücke von La Sauge am Broye-Kanal abzufangen, um zu verhindern, dass sie von der Polizei geschnappt würden. Der Plan misslingt aber auch diesmal, da der Mann nicht auftauchte.
Zwei der Angeklagten wurden stattdessen in der Nähe der Zihlbrücke im Kanton Bern von der Polizei in Empfang genommen, die beiden anderen in St. Aubin/Sauges NE. Nach der Verhaftung kamen die mutmasslichen Täter vorübergehend ins Gefängnis.
Der Prozess dauert voraussichtlich drei Tage. Entführung wird mit mindestens einem Jahr bis zu maximal fünf Jahren Gefängnis bestraft. (SDA)