LKW-Fahrer mit Schlafkrankheit löscht Familie aus
Eine Tragödie, bei der es nur Opfer gibt

Der italienische LKW-Chauffeur G. P.* (52) raste ungebremst auf der A2 bei Quinto TI mit seinem 40-Tönner ins Stauende – und löschte eine vierköpfige Familie aus. Was G. P. nicht wusste: Er leidet an Narkolepsie!
Publiziert: 10.03.2019 um 23:19 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2019 um 15:58 Uhr
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Traueranzeige der verstorbenen Familie aus Otterberg. Das Ehepaar Kurt (†43) und Petra S.* (†43) sowie die Töchter Luise (†8) und Emely (†12) wurden im Sommer 2016 auf der A 2 in Richtung Norden zwischen zwei LKW zerdrückt.
Myrte Müller

Zwei Jahre, sieben Monate, zwölf Tage, 22 Stunden und 38 Minuten nach jenem verhängnisvollen kurzem Augenblick in Quinto TI, beginnt am Montag der Prozess gegen LKW-Chauffeur G. P.* (52). 

Der Italiener aus Madone bei Bergamo (I) muss sich in Lugano TI wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung verantworten. Hinzu kommt ein grober Verstoss gegen die Strassenverkehrsordnung.

Der italienische Chauffeur mit rumänischen Wurzeln wird jenen Angehörigen zum ersten Mal in die Augen schauen, denen er am 26. Juli 2016 das Liebste raubte. Denn die gesamte Grossfamilie der vier Todesopfer aus dem pfälzischen Otterberg (D) reist zum Prozess an, der um 9.30 Uhr beginnt. 

Das Stauende wird zur tödlichen Falle

Die Erinnerungen an die Tragödie sind schmerzlich: Es sind Ferien damals in Rheinland-Pfalz. Das Ehepaar Kurt (†43) und Petra S.* (†43) sowie die Töchter Luise (†8) und Emely (†12) sind auf dem Rückweg aus dem Süden in Richtung Gotthard. Die Sonne brennt. Der Verkehr vor der Dosierstelle Airolo TI steht – wie so oft. Der Ford der deutschen Familie bildet das Ende der wartenden Verkehrsschlange.

Um 12.08 Uhr rast ein roter, mit Mineralwasser beladener LKW auf das Stauende zu. Auf dem Tacho: 90 km/h. Die Strecke ist schnurgerade. Dennoch fährt der 40-Tönner mit voller Geschwindigkeit auf den stehenden Verkehr. Er prallt mit Wucht in den Van, schiebt das Fahrzeug mit den deutschen Touristen unter einen Granit-Transporter, der vor ihnen steht. Der deutsche Ford wird bis zur Unkenntlichkeit zermalmt. Die Insassen sind auf der Stelle tot (BLICK berichtete). 

LKW-Chauffeur leidet an der Schlafkrankheit

G. P. wird ebenfalls schwer verletzt. Wochenlang liegt er auf der Intensivstation. «Noch immer ist er arbeitsunfähig und geht an Krücken», sagt sein Verteidiger Stefano Genetelli dem BLICK. Für den Tessiner Anwalt sind alle in dieser Tragödie Opfer, «auch mein Mandant». 

«Er leidet an Narkolepsie», erklärt Stefano Genetelli – und habe es nicht gewusst! Die Schlafkrankheit sorgt für plötzliche Einschlafattacken. Ist genau das passiert, ausgerechnet in diesem Moment? So muss G. P., als er in Richtung Gotthardtunnel unterwegs war, schlicht eingenickt sein. Alkohol oder Drogen hatte der Fahrer nicht im Blut. 

Verteidiger erwartet schnellen Prozess

Das Tessiner Gericht gibt ein Gutachten in Auftrag. Wie RSI berichtet, wurde G. P. im Schlafzentrum des Civico-Spitals von Lugano untersucht. Die Diagnose bestätigt die Narkolepsie. «Ich rechne mit einem kurzen Prozess. Es könnte sogar sein, dass die Verhandlung noch heute abgeschlossen wird», sagt Anwalt Stefano Genetelli. Gleich, was der Richter entscheidet; sowohl für die Hinterbliebenen der Familie S. aus Otterberg (D) als auch für den LKW-Fahrer gibt es bereits «lebenslänglich».

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