Gegen die neue Energiestrategie stellten sich nur die SVP und die FDP, die schon den Entscheid zum Ausstieg aus der Atomenergie nach der Atomkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 nicht mitgetragen hatten. Ihre Vertreter standen trotz engagierter Voten auf verlorenem Posten da.
Toni Brunner (SVP/St. Gallen) sprach von einem «Irrweg», der die sichere Stromversorgung gefährde. «Wir sehen wohl die Energie, aber wir erkennen hier keine Strategie», dichtete er. «Eine Solaranlage auf jedem Dach oder ein Windrädli auf jedem Hügel - das sind doch Illusionen.» Die Berechnungen des Bundes seien abenteuerlich. «Das tragen wir von der SVP nicht mit», sagte Brunner.
Albert Rösti (SVP/Bern) kritisierte den «staatlichen Aktivismus» und plädierte dafür, nichts zu überstürzen. Es drohe die Planwirtschaft. Ein neues Atomkraftwerk werde in nächster Zeit ohnehin nicht gebaut, da dies wirtschaftlich nicht rentabel wäre. Ein Technologieverbot brauche es also nicht. Die Atomtechnologie werde sich weiterentwickeln.
Christian Wasserfallen (FDP/Bern) befand, die Energiestrategie sei nicht durchdacht. In Frage stellte er vor allem das Potenzial erneuerbarer Energien. Trotz aller Subventionen sei nämlich noch immer unklar, was passiere, wenn die Sonne nicht scheine.
Die Vertreter der SVP und der FDP warnten auch vor horrenden Kosten und steigenden CO2-Emissionen im Zuge der Energiewende. Ausserdem warfen sie dem Bundesrat vor, eine fragwürdige «Salamitaktik» zu verfolgen. Mit dem ersten Massnahmenpaket würden die Ziele nicht erreicht, stellten sie fest.
Dafür brauche es das zweite Paket, mit welchem die Subventionen durch eine Lenkungsabgabe ersetzt werden sollen. Doch dieses liege noch nicht vor. Deshalb sollte der Rat die Vorlage zurückweisen und vom Bundesrat ein Gesamtpaket verlangen.
Die Vertreter aller anderen Fraktionen wollten davon nichts wissen. Sie sprachen sich im Grundsatz für die Energiewende und das geplante Vorgehen aus. Zum Ausstieg aus der Atomenergie gebe es keine Alternative, sowohl ökologisch als auch ökonomisch, lautete der Tenor im Rat. Die Vertreter der FDP und der SVP wurden als «Bremser», «Verzögerer» und «Nostalgiker» bezeichnet.
Manche hätten schon nach den Atomunfällen in den 1970er Jahren begriffen, dass die Atomenergie nicht die Zukunft sein könne, sagte Martin Bäumle (GLP/Zürich). Andere hätten dies erst nach Tschernobyl verstanden, wiederum andere - darunter der Bundesrat - erst nach Fukushima. «Manche würden es wohl erst nach Fessenheim, Mühleberg oder Beznau begreifen - falls es dann noch etwas zu begreifen gäbe», sagte Bäumle.
Bastien Girod (Grüne/Zürich) warnte insbesondere vor den Gefahren alternder Atomkraftwerke. «Wir haben eine gefährliche Situation, weil die AKW-Betreiber versuchen, die AKW wie eine Zitrone auszupressen», stellte er fest. Sie versuchten die letzte Kilowattstunde zu produzieren - bis es zum Unfall komme. Dabei existierten die Technologien für den Ausstieg bereits heute.
Eric Nussbaumer (SP/Basel-Landschaft) sprach von einem «historischen Wendepunkt». Die zerstörerische Kraft der Atomtechnik müsse gebändigt werden, bevor sie auch in der Schweiz irreparablen Schaden anrichte. Die Energiewende sei Teil einer zukunftsfähigen Wirtschaftspolitik. «Das Tempo ist zu gemächlich, aber immerhin, die Richtung stimmt.
Hans Grunder (BDP/Bern) stellte fest, der Weg sei anspruchsvoll. Für die Schweiz als Innovationsstandort sei die Energiewende aber eine riesengrosse Chance. »Ich verstehe die Haltung von economiesuisse überhaupt nicht", gestand Grunder. Die KMU hätten längst begonnen, die Herausforderungen zu packen. Nun müssten die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Daniel Fässler (CVP/Appenzell-Innerrhoden) erinnerte daran, dass das Parlament selbst vor drei Jahren den Bundesrat beauftragt hatte, ein Massnahmenpaket zum Ausstieg aus der Atomenergie vorzulegen. Der Bundesrat sei diesem Auftrag umfassend und korrekt nachgekommen.
Energieministerin Doris Leuthard stellte zum Schluss der Eintretensdebatte fest, die Energiewelt habe sich stark verändert, nicht nur durch das Unglück von Fukushima.
Auf dem europäischen Markt gebe es Überkapazitäten und einen entsprechenden Preiszerfall. Der Markt werde mit billiger Energie überschwemmt. Doch man könne nicht davon ausgehen, dass Energie auch in Zukunft derart günstig zu erhalten sei. Die Nachfrage werde massiv zunehmen.
Der Rat lehnte den Nichteintretensantrag mit 135 zu 55 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Der Antrag auf Rückweisung scheiterte mit 108 zu 81 Stimmen bei 3 Enthaltungen.