Ehemaliger SVP-Nationalrat
Yvan Perrin wegen Rassendiskriminierung vor Kantonsgericht

Der ehemalige SVP-Nationalrat Yvan Perrin muss sich am Dienstag wegen Rassendiskriminierung vor dem Neuenburger Kantonsgericht verantworten. Das Polizeigericht hatte ihn im Juli 2020 freigesprochen, doch die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein.
Publiziert: 07.09.2021 um 14:51 Uhr
Yvan Perrin nach dem Freispruch vor Polizeigericht Neuenburg im Juli 2020. (Archivbild)
Foto: LAURENT GILLIERON

In ihrer Berufungsbegründung fordert die Staatsanwaltschaft die Aufhebung des Urteils und die Verurteilung des 54-Jährigen zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen mit einer Bewährungsfrist von zwei Jahren sowie die Übernahme der Verfahrenskosten.

Perrin wurde wegen Rassendiskriminierung strafrechtlich verfolgt, nachdem er sich im April 2019 auf Facebook abwertend über Muslime geäussert hatte. Seine Posts standen im Zusammenhang mit einem Artikel in der Zeitung «24 heures» über die Qatar Papers und die Muslimbruderschaft.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, dass dieser auf seinem virtuellen Anschlagbrett Kommentare Dritter, in denen zu Hass und Gewalt gegen Personen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit aufgerufen wurde, nicht gelöscht habe. Diese Kommentare seien für die breite Öffentlichkeit lesbar gewesen.

Perrin hatte vor dem Polizeigericht erklärt, dass sich seine Äusserungen gegen diese islamistische Bewegung richteten und nicht gegen Muslime oder den Islam im Allgemeinen. Das Gericht vertrat daraufhin die Ansicht, dass die SVP nicht für Äusserungen Dritter verantwortlich gemacht werden könne. Sie vertrat die Auffassung, dass der Angeklagte nicht aktiv an der Verbreitung dieser problematischen Nachrichten beteiligt war, indem er sie nicht entfernte.

Der Richter war auch der Ansicht, dass es schwierig sei, den Angeklagten nach den geltenden Rechtsvorschriften zu verurteilen, weil er die Kommentare nicht gelöscht hatte. Der Straftatbestand der Unterlassung sei nicht erfüllt. Sechs Verfasser dieser umstrittenen Kommentare wurden jedoch per Strafbefehl verurteilt.

Der Neuenburger Staatsanwalt Pierre Aubert vertrat hingegen die Auffassung, dass die Veröffentlichung von einem Grossteil der Internetnutzer als Anklage gegen Muslime im Allgemeinen und nicht gegen eine extreme Ausprägung des Islams aufgefasst wurde.

Perrin galt während mehreren Jahren als Aushängeschild und Hoffnungsträger der SVP in der Romandie. Er gehörte von 2003 bis 2013 dem Nationalrat an. Im Mai 2013 wurde er in den Neuenburger Staatsrat gewählt, musste aber im Juni 2014 nach kurzer Amtszeit aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten.

Im Herbst 2019 wagte er ein Comeback. Nachdem er als Nationalratskandidat gescheitert war und die Neuenburger SVP ihren Sitz in der grossen Kammer verloren hatte, zog er sich aus der Politik zurück. Im Juni 2021 wurde bekannt, dass Perrin die Genfer SVP als Generalsekretär bei der Vorbereitung der Wahlen 2023 unterstützen wird.

(SDA)

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