Vergewaltigte Frau (25) an der Landkronstrasse in Basel – anderes Opfer (36) spricht ihr Mut zu
«Ich kann gut nachfühlen, was sie jetzt durchmacht»

Vor zwei Jahren erlebte Alina T.* (36), was eine 25-Jährige aus Basel am Samstag durchmachen musste: Eine Vergewaltigung in ihrem eigenen Hauseingang. Die Befragungen bei der Polizei, sagt sie, seien genauso schlimm gewesen wie die Tat selbst.
Publiziert: 01.11.2022 um 19:53 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2022 um 21:49 Uhr
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An der Landkronstrasse in Basel wurde in der Nacht auf Samstag eine junge Frau (25) von einem unbekannten Täter in ihrem eigenen Treppenhaus vergewaltigt.
Foto: Céline Trachsel
Céline Trachsel

Die Tat schockiert die Nordwestschweiz: Schon wieder wurde in Basel eine junge Frau von einem Fremden überrumpelt und vergewaltigt. Nach zwei ähnlichen Fällen im Juni und Juli traf es in der Nacht auf Samstag eine 25-Jährige. Sie schloss an der Landkronstrasse die Tür zu ihrem Mehrfamilienhaus auf, als ein Mann sie in das Treppenhaus stiess, das Handy abnahm und über sie herfiel. Er liess erst von ihr ab, als eine Nachbarin die Schreie hörte und im Gang das Licht anmachte.

Ganz Ähnliches hat auch Alina T.* (36) erlebt. Vor zwei Jahren wurde die Baslerin in ihrem eigenen Hauseingang in der Elsässerstrasse von zwei Portugiesen festgehalten und vergewaltigt. Nach elf langen Minuten war ihr Martyrium vorbei. Der Fall war überall in der Presse, einer der Täter ist mittlerweile verurteilt, der andere wurde vom Jugendgericht freigesprochen.

«Verhöre fast so schlimm wie die Tat selbst»

«Ich hätte nie gedacht, wie wenige Minuten das Leben verändern können», sagt Alina T. zu Blick. «Es war das Schlimmste, was mir je widerfahren ist.» Sie weiss, was das Opfer von der Landkronstrasse jetzt durchmacht. «Ich kann ihr sehr gut nachfühlen. Es ist schlimm. Vor allem die darauffolgenden Tage mit den ganzen Verhören bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Bei den Aussagen muss man alles so detailliert beschreiben – da durchlebt man die Tat gleich noch einmal. Es war fast so schlimm wie die Vergewaltigung selbst.»

Sie spricht dem Opfer viel Mut zu. «Ich hoffe, sie hat Freunde und Familie, die jetzt an ihrer Seite sind. Denn ohne Unterstützung steht man das nicht durch. Ich wollte mir sogar das Leben nehmen.»

Immer in Angst, dass die Täter wieder kommen

Am schlimmsten sei die Leere und Kraftlosigkeit gewesen. «Ich sah keinen Sinn mehr im Leben, fühlte mich überall unsicher und bildete mir ein, jeder wisse, dass ich das gewesen bin, die vergewaltigt wurde», erzählt Alina T., die danach fast nur noch Zuhause geblieben ist. «Die 25-Jährige wird jetzt sicher auch grosse Angst haben – erst recht, weil der Täter noch nicht geschnappt ist. Bei mir war das gleich: Ich hatte dauernd Angst, dass die Täter zurückkommen.» Auch wenn das irrational gewesen sei.

Als die beiden Portugiesen schliesslich gefasst wurden, sei das eine grosse Erleichterung gewesen. Das wünsche sie der jungen Frau jetzt auch: Dass die Polizei den Mann schnell fassen kann.

«Zieh dort weg!»

Dass die Tat im eigenen Hauseingang passiert sei, sei besonders schwer gewesen: «Ich wurde tagtäglich daran erinnert, was dort geschehen ist. Gleichzeitig hatte ich aber keine Kraft, um auszuziehen, denn ich war in solch einem Loch.»

Sie rät dem Opfer von der Landkronstrasse: «Zieh so schnell wie möglich dort weg. Die Opferhilfe stellt betroffenen Frauen für einen solchen Fall Appartments zur Verfügung.» Zudem rät sie ihr: «Arbeite die Tat mit Spezialisten auf. Verdrängen hilft nicht – ich habe es so gemacht, weil ich einfach nicht mehr darüber sprechen wollte. Aber es wurde nur noch schlimmer.»

Abschliessen erst nach den Gerichtsprozessen möglich

Unterdessen hat Alina T. wieder zurück ins Leben gefunden. «Lange Zeit habe ich nicht mehr richtig funktioniert. Ich habe mich gefragt, ob ich so überhaupt noch eine gute Mutter sein kann. Aber meine Kinder haben mir Kraft gegeben, für sie habe ich weitergelebt.» Auch heute habe sie manchmal noch depressive Phasen, die jedoch nach einigen Tagen wieder vorübergehen würden.

«Das Schlimme ist, dass der zweite Prozess vom jüngeren Täter noch bevorsteht. Ich kann also noch nicht abschliessen. Erst wenn die ganze juristische Geschichte vorbei ist, werde ich das alles endlich hinter mir lassen können.» Oft habe sie sich auch gefragt, ob die Anzeige richtig gewesen sei. «Denn die ganzen Einladungen bei der Staatsanwaltschaft und was das halt alles mit sich bringt – das ist schwer zu verkraften. Ich wünsche dem Opfer jetzt einfach ganz viel Kraft und liebevolle Unterstützung.»

FDP-Frauen fordert mehr Sicherheit – und Schrill-Alarme

Wenn sie nachts nach Hause gehe, nehme sie ein Taxi oder Uber. Wenn sie ausnahmsweise mal alleine zu Fuss unterwegs sei, dann sei sie immer mit jemandem am Telefon. «Und unter Freundinnen fragen wir einander immer, ob man gut nach Hause gekommen ist», erzählt Tamara Alù (36), Präsidentin der Basler FDP-Frauen. Denn: «Ich fühle mich als Frau hier in Basel nicht mehr sicher.»

Im Sommer kam es innert kürzester Zeit zu zwei Sexualdelikten in der Stadt: Junge Frauen wurden auf öffentlichen Strassen vergewaltigt. Nach den Taten lancierten die FDP-Frauen vier Vorstösse. Nun kam es in der Nacht auf Samstag erneut zu einer Vergewaltigung an der Landkronstrasse in Basel. «Das macht mich sehr betroffen», sagt Alù.

Die Polizeipräsenz in Basel wurde bereits erhöht. Die FDP-Frauen verfolgen deshalb neue Ansätze: Sie fordern mehr Präventionsprogramme an Schulen und eine Kommunikations-Kampagne in der Stadt. «Man sollte zum Beispiel die Schrill-Alarme, die die Polizei anbietet, besser bekannt machen.» Es handle sich dabei um tragbare Geräte, bei denen per Knopfdruck ein sehr lauter Alarm losgeht, mit dem Opfer auf sich aufmerksam machen können.

Zudem müssten auch die KO-Tropfen-Armbändeli und die Nachtclub-Kampagne «Wo ist Luisa?» besser sichtbar gemacht werden, findet Alù. Der Titel «Kriminellste Stadt der Schweiz» sei kein rühmlicher Titel für Basel. «Wir müssen daran arbeiten, den ersten Platz wieder loszuwerden. Und gerade bei den Sexualdelikten gilt: Jedes ist eines zu viel.» (ct)

Wenn sie nachts nach Hause gehe, nehme sie ein Taxi oder Uber. Wenn sie ausnahmsweise mal alleine zu Fuss unterwegs sei, dann sei sie immer mit jemandem am Telefon. «Und unter Freundinnen fragen wir einander immer, ob man gut nach Hause gekommen ist», erzählt Tamara Alù (36), Präsidentin der Basler FDP-Frauen. Denn: «Ich fühle mich als Frau hier in Basel nicht mehr sicher.»

Im Sommer kam es innert kürzester Zeit zu zwei Sexualdelikten in der Stadt: Junge Frauen wurden auf öffentlichen Strassen vergewaltigt. Nach den Taten lancierten die FDP-Frauen vier Vorstösse. Nun kam es in der Nacht auf Samstag erneut zu einer Vergewaltigung an der Landkronstrasse in Basel. «Das macht mich sehr betroffen», sagt Alù.

Die Polizeipräsenz in Basel wurde bereits erhöht. Die FDP-Frauen verfolgen deshalb neue Ansätze: Sie fordern mehr Präventionsprogramme an Schulen und eine Kommunikations-Kampagne in der Stadt. «Man sollte zum Beispiel die Schrill-Alarme, die die Polizei anbietet, besser bekannt machen.» Es handle sich dabei um tragbare Geräte, bei denen per Knopfdruck ein sehr lauter Alarm losgeht, mit dem Opfer auf sich aufmerksam machen können.

Zudem müssten auch die KO-Tropfen-Armbändeli und die Nachtclub-Kampagne «Wo ist Luisa?» besser sichtbar gemacht werden, findet Alù. Der Titel «Kriminellste Stadt der Schweiz» sei kein rühmlicher Titel für Basel. «Wir müssen daran arbeiten, den ersten Platz wieder loszuwerden. Und gerade bei den Sexualdelikten gilt: Jedes ist eines zu viel.» (ct)

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