Wie ein CVP-Chefbeamter bei der Hochseeflotte die Fäden zog
Nationalrätinnen durften Pleiteschiffe taufen

Die Schweiz muss für Bürgschaften für Schweizer Hochseeschiffe mehr als 200 Millionen Franken abschreiben. Bei der Aufstockung der Millionen-Garantien war die CVP treibende Kraft. Dafür durften CVP-Politikerinnen Schiffe in Schanghai und Antwerpen taufen.
Publiziert: 27.06.2017 um 09:16 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 20:26 Uhr
Das Tankschiff «Matterhorn» ist eines von 13 Schiffen, das mit Verlust verkauft werden muss. Den Schaden zahlen der Bund und die Steuerzahler, die rund 215 Millionen für die Ablösung von Bürgschaften für Hochseeschiffe berappen müssen. Getauft hat sie CVP-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller.
Foto: zVg

Michael Eichmann war bis 2012 beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) zuständig für Bürgschaften in Hochseeschiffe. Der CVP-Mann war exzellenter Networker innerhalb seiner Partei. Wie Recherchen der «Aargauer Zeitung» zeigen, nützte der langjährige Chef Rechtsdienst im BWL seine Parteikontakte, um die Bundesbürgschaften für Hochseeschiffe voranzutreiben und abzusichern.

Zur Erinnerung: Der Bund und damit die Steuerzahler müssen für den unterpreisigen Verkauf von 13 Hochseeschiffen rund 215 Millionen Franken aufwerfen. Dies, weil eine der für die Schiffe zuständigen Reedereien pleite ging. Die Schiffe sind von der Schweizer Eidgenossenschaft mit Bürgschaften abgesichert, weil sie für unser Land kriegswichtig wären.

Erhöhung der Bundesbürgschaften unter CVP-Führung

Schuld daran, dass der Bund derart exponiert ist, ist ein Entscheid von 2008. Damals erhöhte das Parlament die Bundesbürgschaften für Hochseeschiffe massiv von 600 Millionen auf 1,1 Milliarden Franken. Just in dieser Periode war CVP-Bundesrätin Doris Leuthard Vorsteherin des Volkswirtschaftsdepartements, zu dem das BWL gehörte. Und damit kommt die «CVP-Connection», wie sie die «Aargauer Zeitung» nennt zum Tragen.

Die schöngefärbte Botschaft dazu sei bei Eichmann im BWL geboren worden. Leuthard brachte das Geschäft zwischen 2007 und 2008 erfolgreich durchs Parlament. Wobei sie im Nationalrat eine nachweislich falsche Aussage machte: «Seit 1948, als der Bund mit der Schifffahrtsförderung begonnen hat, haben wir noch nie – noch nie! – einen Verlust erlitten.» «Irgendwer hatte unterschlagen, dass der Bund in den Fünfzigerjahren bei der Pleite der Nautilus-Reederei bereits Millionen verloren hatte», schreibt dazu die «Aargauer Zeitung». Das Blatt weist dazu daraufhin, dass in dieser Phase auch der einflussreiche Generalsekretär des Wirtschaftsdepartements bei den Bürgschaftsvergaben zumindest theoretisch mitzureden hatte: Walter Thurnherr. Dieser ist heute Bundeskanzler, damals war er noch im Wirtschaftsdepartement. Thurnherr ist ebenfall Mitglied der CVP.

An Fraktionsausflug Schiffspatin rekrutiert

Eichmann war regelmässiger Gast an Fraktionsausflügen der CVP. Dort rekrutierte er auch Nationalrätin Viola Amherd, die er im März 2008 zur Taufe der «Safmarine Angela» ins belgische Antwerpen einlud. Amherd zur «Aargauer Zeitung»: «Näher kannte ich ihn nicht. In diesem Rahmen wird er mich angefragt haben. Ich dachte, so eine Schiffstaufe sei einmal etwas anderes und sagte zu.» Wer die Reise bezahlte, weiss die Walliser Nationalrätin laut der Zeitung nicht. Die «Safmarine Angela» heisst derzeit SCL «Angela», und auch sie ist eines der Schiffe, die dem Bund Millionenverluste einbrocken.

DARF NICHT MEHR VERWENDET WERDEN
Foto: EQ Images

Fast zwei Jahre zuvor, am 20. Oktober 2006, schlug in Hamburg die Stunde von CVP-Nationalrätin Brigitte Häberli-Koller: Sie durfte die SCT «Matterhorn» an der Überseebrücke offiziell taufen. Brigitte Häberli, mittlerweile Thurgauer Ständerätin, erinnert sich gegenüber der Zeitung: Sie sei von Eichmann angefragt worden, das Schiff zu taufen. An der Taufe selbst sei der Chefbeamte nicht dabei gewesen, gemäss ihrer Erinnerung auch sonst niemand vom Bund. Sie nimmt an, dass die Reise von einer Reederei bezahlt worden ist. (hlm)

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