Die Saison der Jahresrückblicke ist angebrochen – und sie wird bestimmt von einem Thema: dem 9. Februar, als das Stimmvolk knapp Ja sagte zur Masseneinwanderung-Initiative der SVP.
Nun sorgt eine Aussage von Aussenminister Didier Burkhalter zu jener Niederlage des Bundesrats für Kopfschütteln. Der FDP-Magistrat sagte nämlich der Zeitung «24 heures»: «Zwei Wochen vor der Abstimmung war ich überzeugt, dass das Volk die SVP-Initiative annehmen wird.»
Pikant: Das Wissen um die bevorstehende Schlappe hielt Burkhalter nicht davon ab, in der «heissen Phase» vor dem 9. Februar die Fliege zu machen. Er reiste für vier Tage nach Japan, wo er unter anderem den Kaiser traf und Tee trank. Dann flog er weiter an die Olympischen Spiele in Sotschi, um die Hand seines russischen Amtskollegen Sergei Lawrow zu schütteln. Erst zum Abstimmungssonntag kehrte er in die Schweiz zurück.
Abgesehen davon, dass Burkhalters hellseherische Fähigkeiten offenbar träfer sind als die Erhebungen von Claude Longchamp, ärgert viele Politiker etwas anderes: «Wenn er ein Ja erwartete, ist es umso schlimmer, dass er sich nicht in die Kampagne reinhängte», findet Corrado Pardini (SP). «Burkhalter hätte im Inland, nicht in Russland Hände schütteln sollen!»
Habe er doch, findet Burkhalter. Sein Departement teilt mit, der Bundesrat habe vor dem 9. Februar ein «intensives Programm mit vielen Auftritten» absolviert. Er habe alle Anfragen für Auftritte zur SVP-Initiative angenommen.