Umstrittene Ritalin-Praxis
Scientology schwärzt Schweiz bei Uno an

Die Uno kritisiert in ihrem Bericht den Umgang mit ADHS und Ritalin in der Schweiz. Brisant ist, dass eine der hierfür verwendeten Quellen von der Scientology stammt.
Publiziert: 19.05.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:31 Uhr
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Wegen Ritalin-Praxis: Uno fällt auf Scientology rein und geht auf die Schweiz los!
Von Carmen Schirm-Gasser

Die Ohrfeige der Uno kam im Februar. Und sie war heftig. In ihrem Bericht über die Schweiz, der alle fünf Jahre erscheint, zeigen sich die Vereinten Nationen besorgt über die «exzessive Diagnosestellung von ADHS» in unserem Land und die daraus folgende «Zunahme der Verschreibung von psychostimulierenden Drogen wie Ritalin an Kinder». Die Verschreibungspraxis werde trotz der «wachsenden Evidenz von schädigenden Auswirkungen dieser Drogen» weitergeführt. Kindern werde mit dem Schulausschluss gedroht, wenn ihre Eltern einer Behandlung mit Psychostimulanzien nicht zustimmen.

Schweizer Experten fragten irritiert: Wie kommt der UN-Kinderrechtsausschuss zu diesem Fazit? Dieser lädt Staaten und NGO ein, Informationen über ein Land zu liefern. Aber nur drei Berichte nahmen Stellung zum Thema Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS), die mit Ritalin behandelt werden kann. Nachzulesen ist dies auf der UN-Website. Darunter der offizielle Staatenbericht der Schweizer Regierung. Dieser kann kein grundsätzliches Problem orten.

Das Netzwerk Kinderrechte Schweiz wiederum kritisiert gewisse Tendenzen rund um die Verabreichung von Ritalin. Erst ein dritter Bericht warnt über ganze zehn Seiten vor den Zuständen und der missbräuchlichen Betäubung von Kindern mit Ritalin. Der Absender: CCHR, eine Unterorganisation von Scientology. Zahlreiche Aussagen des UN-Berichts basieren offensichtlich auf dem Scientology-Bericht, wie ein Vergleich aller Berichte zeigt. Teilweise wurden sie akzentuiert, stellenweise praktisch wortwörtlich übernommen. Das Fazit: Die Uno attackiert die Schweiz. Und sie tut dies mit Informationen aus der Küche von Scientology.

Purer Zufall? Geht es nach der Uno, ja. «Wir sammeln Informationen aus verschiedenen Quellen», sagt Maria Herczog, Sprecherin des UN-Kinderrechtsausschusses. Die Tatsache, dass die Scientologen zu einem Thema einen Standpunkt hätten, heisse nicht, dass dieser falsch sein müsse.

Dem widerspricht Isolde Schaffter-Wieland, Mediensprecherin des Vereins Elpos, der Eltern von Kindern und Erwachsenen mit ADHS unterstützt. «Dass sich ein Uno-Komitee so stark und unkritisch auf einen Scientologen-Bericht abstützt, ist sehr irritierend.» Die Organisation agiere seit Jahren aus dem Hintergrund und versorge die Politik mit fragwürdigen Informationen zu ADHS.

Beim Bund zeigt man sich überrascht über die Intransparenz der Uno. «Es wäre wünschenswert, dass der UN-Kinderrechtsausschuss seine Quellen transparent macht», sagt Katrin Holenstein vom Eidgenössischen Departement des Inneren. Ob Scientology eingeladen werden dürfe oder müsse und welches bei der Uno die entsprechende Praxis sei, könne von aussen nicht beurteilt werden.

Eine Organisation indes ist sich sicher, wer hier falsch spielt. «Ganz unauffällig konnte Scientology kürzlich einen Erfolg verbuchen», schreibt Infosekta, eine Organisation zur Beratung zum Thema Sekten, in ihrem Jahresbericht. «Ihre tendenziöse Sichtweise fand kürzlich prominent Eingang im Uno-Bericht.»

Und was sagt Scientology? Die Organisation zeigt sich erfreut, dass die Uno offensichtlich ihren Bericht analysiert und als wertvoll taxiert hat.

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