Geschäftstüchtiger Genosse kauft sich noch im Amt Firmen
Setzt sich Regierungsrat Rickenbacher noch für Bern ein?

Noch im Amt, gleist SP-Politiker Andreas Rickenbacher eine spätere Karriere in der Privatwirtschaft auf.
Publiziert: 01.04.2016 um 16:46 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 13:50 Uhr
Der Berner SP-Regierungsrat Andreas Rickenbacher hat schon Monate vor seinem Abgang zwei Firmen gekauft.
Foto: Peter Gerber
Christoph Lenz und Sermîn Faki

Bis Ende Juni amtet Andreas Rickenbacher (48) noch als Berner Volkswirtschaftsdirektor. Doch offenbar kann er seinen Abgang kaum erwarten. Neben seinem Job als SP-Regierungsrat kümmert sich Rickenbacher nämlich bereits intensiv um seine Zukunft. Per 10. März hat er zwei Firmen gekauft: Die erste ist die Epatec Trading AG, die jetzt «Andreas Rickenbacher Management AG» heisst. Selbstverständlich sitzt der neue Eigentümer dort auch im Verwaltungsrat.

Beim zweiten Kauf, der Ripro Projekte GmbH, handelt es sich gewissermassen um Rickenbachers einstiges Baby: Er hatte die Firma 2004 gemeinsam mit seiner Frau gegründet. Nach seiner Wahl in den Regierungsrat 2006 verkaufte Rickenbacher seine Anteile. Seine Frau blieb als Gesellschafterin im Unternehmen. Beide Unternehmen sind laut Handelsregister in der Beratung und Projektmanagement tätig.

Nebenbeschäftigungen müssen bewilligt werden

Ist Rickenbacher noch Regierungsrat oder schon Unternehmer? Für ihn selbst ist die Sache klar: «Die Bernerinnen und Berner können sicher sein, dass ich voll motiviert bin und 100 Prozent meiner Energie in den Dienst des Kantons stelle», beteuert er auf Anfrage. Die Beteiligungen dienten allein der Vorbereitung seiner beruflichen Zukunft, über die er noch im April informieren werde. Sein Vorgehen sei zudem völlig legal: «Sechs Monate vor Austritt dürfen Regierungsräte Nebentätigkeiten aufnehmen», sagt er mit Verweis auf das kantonale Organisationsgesetz. 

Das Gesetz sieht jedoch vor, dass diese Nebenbeschäftigungen durch den Gesamtregierungsrat bewilligt werden. Im Fall von Andreas Rickenbacher sei das nicht nötig gewesen, sagt Regierungssprecher Christian Kräuchi. «Die beiden Firmen sind inaktiv. Es handelt sich somit um keine Nebenbeschäftigung», erklärt er.

Zum Fall Rickenbacher sagt Leutenegger Oberholzer: «Ich würde jedem Regierungsrat empfehlen, eine gewisse Karenzfrist einzuhalten.»
Foto: Keystone

Dennoch stösst Rickenbachers Vorgehen nicht überall auf Verständnis. So gibt es in seiner eigenen Partei Exponenten, die für eine Karenzfrist für abtretende Exekutivpolitiker kämpfen. An vorderster Front die Baselbieter Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer, die 2010 sogar gefordert hatte, dass Bundesräte zwei Jahre nach Austritt aus der Landesregierung keine bezahlten Mandate annehmen dürfen, die in einem engen Zusammenhang mit der früheren bundesrätlichen Tätigkeit stehen und die Aufträge des Bundes oder von bundesnahen Unternehmungen erhalten. Stein des Anstosses war damals, dass alt Bundesrat Moritz Leuenberger – auch er ein Genosse – kurz nach seinem Rücktritt in den Verwaltungsrat bei Implenia einzog. Nicht nur der SP stiess damals sauer auf, dass Leuenberger seine Erfahrungen als Infrastrukturminister für einen Baukonzern nutzte. 

Zum Fall Rickenbacher sagt Leutenegger Oberholzer: «Ich würde jedem Regierungsrat empfehlen, eine gewisse Karenzfrist einzuhalten.» Rickenbacher selbst will nichts von möglichen Interessenskonflikten wissen: «Als Volkswirtschaftsdirektor könnte ich dann ja gar nicht mehr arbeiten», sagt er. «Ich glaube nicht, dass die SP mir ein zweijähriges Berufsverbot auferlegen will.»

Berner SP zeigt Verständnis für Firmen-Käufe

Tatsächlich kann sich Rickenbacher auf die Solidarität seiner Berner Genossen verlassen: «Ich habe Verständnis, dass Andreas Rickenbacher seine berufliche Zukunft schon jetzt organisiert», sagt Ursula Marti, Präsidentin der Kantonalpartei. «Er muss eine Familie ernähren und kann damit nicht zuwarten, bis er aus dem Amt geschieden ist.» Allerdings erhält Rickenbacher nach Ausscheiden aus dem Staatsdienst eine Ruhestandsrente. Zwar hat er mit seinem 48 Jahren und zehn Jahren Amtszeit keinen Anspruch auf die vollen Bezüge, sechsstellig dürfte der jährliche Betrag aber sicher sein – solange er sonst keinen Verdienst hat.

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