Die Geschichte ist bekannt: In der Londoner Familie Banks hängt der Haussegen schief. Die Kinder Michael und Jane sind ausser Rand und Band und vergraulen jedes Kindermädchen. Vater George will seine Ruhe, Mutter Winifred möchte es allen Recht machen.
Da erscheint ein Kindermädchen mit ganz eigenen Methoden: Mary Poppins öffnet den Kindern die Augen für eine Welt voller Farben und Wunder. Und sie bringt auch ins Leben der Eltern die Freude zurück.
Auch wenn die Story seit Jahrzehnten ebenso bekannt ist wie die Melodien, hat sie nichts von ihrer Faszination eingebüsst. Und so brandete denn an der Premiere vom Sonntag jubelnder Applaus auf, als Mary Poppins am Ende über die Köpfe des Publikums hinweg schwebte und im Dunkel verschwand.
Graue Dächer im London des beginnenden 20. Jahrhunderts - aus einem Kamin steigt ein Schornsteinfeger und stellt mit dem Lied «Chim Chim Cher-ee» die Familie vor. Es folgen Szenen in den Strassen Londons, im Hause der Familie Banks, in der Bank, wo Vater George arbeitet, und im Park, wo Mary Poppins mit den Kindern spazieren geht.
Dank den magischen Fähigkeiten der Nanny verwandelt sich der farb- und freudlose Park in ein farbenprächtiges Paradies voller Leben. Die Kinder lernen, hinter die Fassaden zu blicken. So erkennen sie schliesslich in der zerlumpten Vogelfutter-Verkäuferin die liebenswerte Frau.
Und bei der schrägen Mrs Corry (Wreh-asha Walton) lernen sie ganz neue Wörter kennen, etwa das mittlerweile legendäre «Supercalifragilisticexpialidocious».
Unter der Regie von Richard Eyre brilliert Lisa O'Hare in der Titelrolle als magische Nanny. Für die beiden Kinderrollen gibt es je mehrere Besetzungen - an der Premiere überzeugten Isabella Billingham und Louis Parker.
Ebenfalls überzeugend sind Neil Roberts und Kara Lane als Eltern Banks. Matt Lee begeistert als Schornsteinfeger und Lebenskünstler. Die Kostüme (Bob Crowley) passen perfekt in die Zeit der Handlung.
Allein schon das Bühnenbild (ebenfalls Bob Crowley) ist einen Besuch der Vorstellung wert. Wunderschön gestaltet, lassen sich die einzelnen Elemente dank ausgeklügelter Technik drehen oder öffnen, sie schweben von oben herab oder gleiten von der Seite ins Bild. Dazu kommt das fantastische Lichtdesign von Natasha Katz.
Die fetzigen und berührenden Lieder (Richard M. Sherman und Robert B. Sherman) und die mitreissenden Tänze (Choreografie Mattew Bourne, Musical Supervisor Stephen Brooker) vervollkommnen das Musical-Erlebnis. Ein Höhepunkt ist der Kaminfeger-Tanz.
«Mary Poppins» ist ein absoluter Evergreen, der schon Generationen begeistert hat: Die australische Autorin Pamela Lyndon Travers veröffentlichte das Buch über die Wunder wirkende Nanny 1934.
Genau dreissig Jahre später erschien der gleichnamige Disney-Film mit Julie Andrews in der Titelrolle. Er wurde mit fünf Oscars ausgezeichnet. Und nochmals fünfzig Jahre später, 2004, stieg die Uraufführung des Musicals Mary Poppins (Buch Julian Fellowes) im Londoner Prince Edwards Theater.
Die in Zürich gastierende Produktion (Disney und Cameron Mackintosh) ist laut Pressetext die bisher grösste des Erfolgsmusicals. Mit dabei sind 45 Darstellerinnen und Darsteller, 13 Musikerinnen und Musiker und eine Crew von 49 Mitarbeitenden.
18 Sattelschlepper transportieren Bühnenbild, Kostüme und Technik. 100 Personen helfen jeweils mit beim drei Tage dauernden Aufbau und beim Abbau, der in 22 Stunden erledigt werden kann.
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