Neueste Scanmethoden hätten diese Überraschung zutage gebracht, teilte das Amsterdamer Rijksmuseum am Donnerstag mit. Das Museum bereitet derzeit in Zusammenarbeit mit dem Mauritshuis in Den Haag eine umfangreiche Ausstellung von Werken des Künstler aus Delft (1632-1675) vor, die am 10. Februar 2023 eröffnet und bis zum 4. Juli laufen soll; am Donnerstag begann der Kartenvorverkauf.
Die Entdeckung der ursprünglichen «Milchmädchen»-Skizze liefere der Forschung wertvolle Erkenntnisse über die Arbeitsmethode Vermeers, heisst es in der Mitteilung. Dadurch werde die angesichts des vergleichsweise kleinen Gesamtwerks des Künstlers weit verbreitete Annahme in Frage gestellt, dass Vermeer stets langsam arbeitete. Unter dem linken Arm der Dienstmagd ist den Angaben zufolge ein wohl eilig aufgebrachter dicker Strich schwarzer Farbe zu erkennen. Dies lasse darauf schliessen, dass Vermeer sein Bild zunächst schnell in hellen und dunklen Tönen zeichnete, bevor er die Details ausarbeitete.
Zur Frage, aus welchem Grund Vermeer den Korb und das Regal übermalt haben könnte, erklärte Rijksmuseum-Direktor Taco Dibbits, dies sei wohl eine Entscheidung unter künstlerischen Gesichtspunkten gewesen: «Das Übermalen des Krugregals und des Feuerkorbs sorgte für mehr Ruhe im Zimmer der Milchmagd. Nichts lenkt nun mehr von ihrer konzentrierten Tätigkeit ab.»
Die Vermeer-Ausstellung mit Leihgaben aus mehreren Ländern wird nach Angaben des Museums mindestens 27 Werke des Barockmalers präsentieren. In Fachkreisen geht man davon aus, dass er bis zu 37 Bilder hinterlassen hat; das Museum spricht von 35. Dazu gehören so berühmte Gemälde wie «Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge». Bei der bislang grössten Vermeer-Ausstellung in den Niederlanden waren 1996 im Mauritshuis 22 Werke zu besichtigen.
Im Besitz des Rijksmuseums befinden sich vier Vermeers, darunter «Die Dienstmagd mit Milchkrug». Hinzu kommen unter anderem Leihgaben aus dem Mauritshuis, aus Irland und den USA. Das Städel Museum in Frankfurt am Main beteiligt sich mit dem Gemälde «Der Geograph», die Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden mit dem aufwendig restaurierten Werk «Brieflesendes Mädchen am Fenster», das dann erstmals in einem Museum der Niederlande präsentiert wird, wie das Rijksmuseum bereits im Dezember angekündigt hatte.
(SDA)