Anlass für die knapp halbstündige Diskussion war ein Artikel Thiels in der «Weltwoche». Darin brandmarkte der Satiriker den Koran als einen «Aufruf zur Gewalt, eine Anleitung für Krieg und Unterdrückung».
In der SRF-Talksendung «Schawinski» war die Stimmung von Beginn weg gehässig und blieb dies bis zum Schluss. Schawinski und sein Gast provozierten sich gegenseitig und beleidigten sich. Eine sachliche Diskussion über den Artikel war nicht möglich.
Provokation auf beiden Seiten
Das Sachgerechtigkeitsgebot ist nach Ansicht des SRG-Ombudsmannes in dieser Sendung gleich mehrfach verletzt worden, wie die SRG gestern auf ihrer Internetseite mitteilte. Eine echte Diskussion über Thiels Korankritik sei nicht zustande gekommen, schreibt Casanova in seinen Antworten.
Entweder habe Schawinski seinen Gast immer wieder beleidigt und unterbrochen oder Thiel habe die gestellten Fragen konsequent verweigert und sein Gegenüber mit Gegenfragen provoziert. Das Publikum habe sich so über das eigentlich zur Diskussion stehende Thema Koran keine eigene Meinung bilden können.
Zudem beanstandet Casanova, Schawinski habe ein Zitat Thiels in der «Berner Zeitung» aus dem Zusammenhang gerissen. Dadurch sei beim Publikum der falsche Eindruck entstanden, Thiel würde die Muslime an sich als «zwischen Neandertaler und Homo sapiens stecken geblieben» beleidigen.
«Gravierende Fehlleistung»
Dabei habe sich das Zitat «nicht auf das Wesen der Muslime generell» bezogen, sondern lediglich «auf ihre Art, unseren Humor zu verstehen». Dass Schawinski dies nicht präzisiert habe, sei eine «gravierende Fehlleistung» gewesen, schreibt Casanova.
Auf die Forderung nach einer Absetzung Schawinskis könne die Ombudsstelle nicht eintreten. Zum einen fehlten dazu die Befugnisse, vor allem aber sei die Ombudsstelle gewillt und verpflichtet, die Freiheit der Medien zu respektieren.
Die Sendung vom 15. Dezember warf hohe Wellen und bescherte Casanova viel Arbeit: Beim SRG-Ombudsmann gingen 185 Reklamationen ein. Dies sei ein «einmaliger Rekord». Rund 90 Prozent der Beschwerdeführer richteten sich gegen den Gesprächsleiter Schawinski. Lediglich in 16 Eingaben wurde Gesprächsgast Thiel kritisiert.
SRF kann Kritik nur teilweise nachvollziehen
SRF nimmt die Einschätzung von Ombudsmann Casanova zur Kenntnis. «Wie wir bereits kommuniziert haben, war das Gespräch zwischen Roger Schawinski und Andreas Thiel misslungen. Dies bedauern wir», heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme.
Nicht nachvollziehen kann SRF die Kritik an dem verwendeten Zitat. Thiels Antwort in der Sendung - obwohl nicht vollständig wiedergegeben - könne nur dahingehend verstanden werden, dass sie sich auf die Muslime und nicht nur auf deren Witze beziehe. (SDA/mad)
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