Heidi eroberte am Ende des 19. Jahrhunderts die Welt. In der Schweiz ist das Mädchen aus Johanna Spyris Geschichte nicht nur ein Kinderbuchstar, sondern eine Art Volksheldin. In den 1970er-Jahren schwappte die Faszination für das Bergmädchen durch eine japanische Trickfilmserie bis nach Asien.
Die 1974 erschienene Serie «Alpenmädchen Heidi» gilt als Startschuss für die heute florierende Anime-Branche, wie das Landesmuseum am Dienstag zur Ausstellungseröffnung in einer Mitteilung schreibt. Die japanische Serie wurde in 20 Sprachen übersetzt und lockte Millionen von Zuschauern auf der ganzen Welt vor den Bildschirm.
Dass Heidi in Japan überaus erfolgreich war, habe mit der idealisierten Alpenwelt in der Geschichte zu tun, schreibt das Landesmuseum. Davon seien die Menschen in Japan nach dem Zweiten Weltkrieg besonders angesprochen gewesen.
Andererseits hätte der Anime, wie Zeichentrickfilme in Japan genannt werden, einen Gegenentwurf zur stark wachsenden japanischen Wirtschaft und dem industrialisierten Erscheinungsbild des Landes dargestellt. Kreiert wurde die 52-teilige japanische Serie von vier jungen Männern, zwei von ihnen begründeten später das weltberühmte Studio Ghibli mit.
In der Ausstellung gezeigt werden zahlreiche Einzelzeichnungen von Yoichi Kotabe, dem «geistigen Vater» der japanischen Heidi-Figur. Er zeichnete für die Serie tausende von Skizzen. Diese zeigen bis ins Detail, wie intensiv die Filmemacher sich für die Heidi-Serie mit der Schweiz auseinandergesetzt haben.
Die Filmemacher waren auch in die Schweiz gereist und hatten für ihren Anime in Maienfeld GR Bild- und Tonaufnahmen gemacht, wie die Universität Zürich mitteilte, die an der Ausstellung mitgearbeitet hat. Jedes Haus, jede Wiese, die sie später daheim in Tokio zeichneten und animierten, seien einem realen Vorbild nachempfunden.
Die bis am 13. Oktober dauernde Ausstellung im Landesmuseum fokussiert auf die Vermischung der beiden Kulturen. Sie erzählt am Rande auch von den ersten Reise von Schweizern nach Japan, den späteren Handelsverbindungen vor allem im Uhren- und Textilbereich oder dem heutigen kulturellen Austausch.
Ende August kommt Kotabe selbst nach Zürich. Er sei in Asien ein Superstar, heisst es in der Mitteilung des Landesmuseums. Kotabe war auch massgeblich an der Geburt der legendären Computer-Spielfigur Super Mario beteiligt und auch bei Pokémon hatte er seine Finger im Spiel.
Am 30. August wird der Japaner an einem Fokustag mit verschiedenen Gästen über die Bedeutung der Heidi-Figur für Japan, die Entstehung des Anime-Genres und die kulturellen Verbindungen zwischen der Schweiz und Japan diskutieren. Sein Besuch ist der Höhepunkt des zweitägigen Symposiums an der Universität Zürich.
Neben der Universität Zürich war auch ein japanisches Expertenteam unter der Leitung der Professoren Aki Nishioka und Takashi Kawashima an der Ausstellung «Heidi in Japan» beteiligt.
(SDA)