Pierin Vincenz (61) sitzt seit sieben Wochen in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen der Zürcher Staatsanwaltschaft wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung laufen auf Hochtouren. Vincenz soll bei Deals sowohl als Verkäufer als auch als Käufer aufgetreten sein und so doppelt abkassiert haben. Vincenz bestreitet diese Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die lange Dauer des Verfahrens erstaunt Strafrechtsprofessor Martin Killias nicht. «Es klingt absurd, aber brutale Gewalttäter sind meist schneller wieder draussen als Wirtschaftsdelinquenten», sagt er in einem Interview mit dem «St. Galler Tagblatt». Bei Gewaltverbrechen sei der Sachverhalt oft relativ schnell klar, wenn man den Täter ermittelt hat.
Bis zu drei Jahre in U-Haft
Die Ermittlungen des Sachverhalts bei Wirtschaftsdelikten sei dagegen schwieriger. «Es kann sehr lange dauern, bis die Ermittler die oft sehr umfangreichen Akten durchforstet und ausgewertet haben», sagt Killias. Das mache die Untersuchung aufwendiger als bei Gewaltverbrechen. «Wirtschaftsdelinquenten sitzen oft sehr lange in Untersuchungshaft. Ich kann mich an einen Fall mit einer Haftdauer von drei Jahren erinnern.»
Aus der langen Dauer der U-Haft könne man aber nicht schliessen, dass Vincenz eine Freiheitsstrafe drohe. «Das wäre wohl erst der Fall, wenn die Untersuchungshaft die Dauer von sechs Monaten übersteigt. Denn Strafen unter sechs Monaten werden in der Regel als Geldstrafen ausgesprochen, und auch dies meist bedingt», erklärt der Strafrechtsexperte der Universität.
«Reine Kaffeesatzleserei»
Wie lange die Untersuchungshaft von Pierin Vincenz noch andauert, kann Killias nicht sagen. «Das wäre Kaffeesatzleserei. Selbst Insider mit genauer Dossierkenntnis könnten das nicht mit Sicherheit sagen.» (pbe)