Nach langem Streit
ETH-Rat entlässt Astrophysik-Professorin

Die ETH Zürich hat Marcella Carollo, die Professorin des ehemaligen Instituts für Astronomie, entlassen. Dies teilt der ETH-Rat in einer Mitteilung mit. Zuvor gab es eine Diskussion, ob die Hochschule richtig mit ihr umgegangen ist.
Publiziert: 15.07.2019 um 15:27 Uhr
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Aktualisiert: 15.07.2019 um 16:27 Uhr
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Die ETH hat eine Astrophysik-Professorin entlassen.
Foto: Keystone

Zum ersten Mal in der Geschichte der ETH entlässt diese eine Professorin: Der ETH-Rat hält die Vorwürfe gegen die Astronomie-Professorin für gerechtfertigt und entlässt diese deshalb, wie er am Montag mitteilte. Kritisiert wurde sie wegen ihres Führungsverhaltens.

Der ETH-Rat und die Institutionen des ETH-Bereichs setzten sich für einen «respektvollen Umgang miteinander» an der Hochschule ein, heisst es in der Mitteilung vom Montag. Im März hatte die ETH Zürich dem ETH-Rat einen Antrag auf Entlassung der Professorin gestellt. Ihr waren von Doktorierenden schwere Vorwürfe gemacht worden.

Der ETH-Rat hält diese Vorwürfe für gerechtfertigt und nicht mit den Erwartungen an die Betreuung von Doktorierenden und der Kultur im ETH-Bereich vereinbar, wie er in der Mitteilung schreibt. Es ist das erste Mal in der 164-jährigen Geschichte der Hochschule, dass diese einen Professor oder eine Professorin entlässt.

Man habe der Professorin das rechtliche Gehör gewährt und dabei ihre Stellungnahmen sowie auch alle früheren Stellungnahmen und Untersuchungen eingehend gewürdigt, schreibt der ETH-Rat. Nach ausführlicher Diskussion sei der Rat aber an der Sitzung vom 10./11. Juli zum Schluss gekommen, dem Entlassungsantrag zu folgen.

ETH-Rat bedauert Konflikt

Der ETH-Rat betont in seinem Schreiben, dass er eine hohe Verantwortung für die Mitarbeitenden trage und ihnen Schutz und Fürsorge gewährleisten müsse. Im vorliegenden Fall hätte leider für alle Beteiligten «weder zeitnah noch einvernehmlich» eine Lösung gefunden werden können. Man bedaure dies sehr.

Der Konflikt um die Professorin am ehemaligen Institut für Astronomie zieht sich schon über mehrere Jahre hinweg. Doktorierende hatten immer wieder über Demütigungen, mangelnden Respekt, emotionalen Druck und mangelnde Betreuung geklagt. Im Sommer 2017 wurde das Institut nach weiteren Unstimmigkeiten stillgelegt.

Kurz darauf entschied der ETH-Rat, dass die Vorgänge und Vorwürfe am Institut des Departements für Physik näher untersucht werden müssen. Diese Administrativuntersuchung förderte letztes Jahr schliesslich «ungenügendes Führungsverhalten und schwerwiegendes pflichtwidriges Verhalten» zutage. Eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses wurde empfohlen.

Lehren gezogen

Damit solche Eskalationen in Zukunft nicht mehr vorkommen, hat die ETH ein umfangreiches Massnahmenpaket geschnürt. Der dringendste Handlungsbedarf bestehe in den Bereichen Prävention und Führung sowie in der konkreten Behandlung von Konfliktsituationen, schreibt der ETH-Rat.

Besonderes Augenmerk will die Hochschule auf die Betreuung von Doktorierenden legen. Um die strukturell bedingte Abhängigkeit zu verringern, werden diese in Zukunft von mindestens zwei Personen betreut. Bis 2020 soll diese Mehrfachbetreuung flächendeckend auf die ganze Hochschule ausgeweitet werden.

Zudem wurden ein Case-Manager eingestellt sowie die Ombudsstelle und die Vertrauenspersonen aufgestockt. Allfällige Meldungen zu sexueller Belästigung sollen künftig über eine spezialisierte und gut dotierte Meldestelle behandelt werden.

Ausserdem soll schon bei der Berufung von Professorinnen und Professoren deren Führungskompetenz ein wichtiges Auswahlkriterium sein. Überdies will die ETH die Führungskultur grundlegend stärken. Dies soll gemäss Mitteilung etwa durch zusätzliche Coaching- und Beratungsmöglichkeiten für Führungskräfte geschehen.

Die ETH will aus der Geschichte lernen. Es sei wichtig, dass Arbeitskonflikte künftig frühzeitig erkannt und rasch gelöst würden, schreibt der ETH-Rat. (SDA)

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