Nach dem Asylgesuchs-Boom der letzten Jahre kann Justizministerin Simonetta Sommaruga (57) endlich wieder aufatmen. 2017 wurden in der Schweiz gerade mal 18'088 Asylgesuche gestellt – ein Drittel weniger als 2016 und nur noch halb so viele wie 2015.
Doch während die Zahl der Asylgesuche sinkt, verzeichnet der Familiennachzug im Asylbereich ein Rekordhoch! 4208 Personen profitierten vom Familiennachzug – so viele wie seit mindestens zehn Jahren nicht mehr, wie das Staatssekretariat für Migration bestätigt.
Vom Familiennachzug profitieren vor allem Kinder: Insgesamt 3432, wobei 1808 in der Schweiz geboren wurden. Die restlichen 776 Personen sind Erwachsene, in der Regel Ehepartner, die vom Nachzug profitieren. Spitzenreiter bei den Herkunftsländern waren Eritrea mit 2255, Syrien mit 723 und Sri Lanka mit 227 Personen.
SVP nimmt vorläufig Aufgenommene ins Visier
Während bei anerkannten Flüchtlingen quasi ein sofortiges Anrecht auf Familiennachzug von Kindern und Ehepartnern besteht, gelten bei vorläufig Aufgenommenen hohe Hürden. Dazu gehören etwa eine Wartefrist von mindestens drei Jahren und Unabhängigkeit von der Sozialhilfe. Das wirkt sich auf die Zahlen aus: In diesem Bereich profitierten nur gerade 67 Personen vom Familiennachzug – 32 Kinder und 35 Erwachsene.
Trotzdem zielt die SVP ausgerechnet auf diese verschwindend kleine Minderheit. In einer parlamentarischen Initiative fordert sie, den Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene für drei Jahre zu stoppen – und danach die Situation neu zu beurteilen.
SVP-Aeschi: «Es geht ums Prinzip»
«Es geht ums Prinzip!», sagt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (39). «Vorläufig Aufgenommene müssen sobald wie möglich wieder in ihr Land zurückkehren, daher macht es keinen Sinn, dass sie ihre Familien hierher bringen.» Seien die Familien einmal ein paar Jahre hier, würden sie nie wieder in ihre Heimat zurückkehren, ist Aeschi überzeugt.
Seit 2013 habe sich die Zahl der vorläufig Aufgenommenen auf über 40'000 Personen praktisch verdoppelt, so Aeschi. «Wir müssen wieder selbst bestimmen können, wer in die Schweiz kommt. Da ist ein befristeter Marschhalt beim Familiennachzug angezeigt.»
Grünen-Rytz: «Problembewirtschaftungs-Politik à la SVP»
«Das ist typische Problembewirtschaft-Politik à la SVP», ärgert sich Grünen-Präsidentin Regula Rytz (55). Die vorläufig Aufgenommenen stammten aus Bürgerkriegsgebieten und Diktaturen. «Dass die SVP gerade hier ansetzen will, zeigt einmal mehr, dass sie auf Kosten der Menschenrechte politisiert.»
Dass man seine Kinder nachziehen wolle, sei das Selbstverständlichste der Welt, so Rytz. «Das begreift jeder, der sich unter dem Begriff Familie etwas vorstellen kann.» Die Hürden für vorläufig Aufgenommene seien jetzt schon hoch. «Eine weitere Verschärfung ist unnötig und reine Effekthascherei.»