In 3500 Arbeitsstunden bauten sie während fast zwei Jahren eine Raumkapsel, die nur ein bisschen kleiner war als das Vorbild. Dank der Ausstattung mit 100 Schaltern und 70 Kontrolllämpchen, verdrahtet mit 500 Metern Kabel, konnten die Abläufe des Original-Flugplans damit realitätsnah simuliert werden.
Verblüffend echt waren auch die Overalls der Astronauten mit dem schmucken Missionsemblem, auf das TASA gestickt war - «Team Apollo Switzerland America". Eine Schneiderin aus dem Nachbardorf habe auf einer Spezial-Maschine die Aufnäher kostengünstig hergestellt, sagte der mittlerweile 68-jährige TASA-Kommandant Klemens Schenker der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Wir haben fast alle noch".
Allgemein sei die Unterstützung in der Bevölkerung riesig gewesen. Für die Innenverkleidung beispielsweise wünschte die TASA-Crew einen speziell gesteppten Stoff. Eine Firma in Sevelen spendete einen Ballen des teuren Materials. Grosszügig auch der örtliche Radio- und TV-Fachhändler, der eine lichtstarke Luxor-Fernsehkamera und einen Bildschirm zur Verfügung stellte.
Damit übertrugen die Astronauten jeden Abend Sondersendungen nach draussen. «Die Leute kamen in Scharen», erinnert sich Schenker. Er sowie Hans von Weissenfluh und Peter Wiehl demonstrierten in diesen Sendungen die alltäglichen Aspekte ihres Kapsellebens, zum Beispiel Ernährung und Fitness. Dafür wurde jeweils eine Art Drehbuch erstellt - ein willkommener Zeitvertreib während der selbstgewählten Haft im Weltall.
Bei aller Originaltreue wies die Gretzenbacher Apollo-Kopie auch gewisse Erleichterungen auf, zum Beispiel fliessend Wasser und einen Plattenspieler. Auch die Frischluftzufuhr war optimiert: Aus dem Keller des benachbarten Hauses, in dem die Missionsteilnehmer Herbert, Peter und Franz Wiehl wohnten, wurde kühle Luft in die Kapsel geleitet. Drei Ventilatoren halfen zusätzlich, den Jungs-Mief zu vertreiben.
Ebenfalls nicht ganz originalgetreu verlief der ärztliche Check vor dem Start: «Der Kommandant mochte die Blutentnahme nicht 'verliiden'», berichtete Schenker selbstkritisch dem Schweizer Radio, das wie das Fernsehen dem Experiment mehrere Beiträge widmete - seit dem Launch am 26. Juli 1970, als der Vize-Gemeindeammann feierlich die bemannte Attrappe plombierte.
Auf dem Menüplan stand veritable Astronautennahrung. Herbert Wiehl, der zusammen mit Franz Wiehl, Ruedi Fricker und Johann Sager in der Mission Control im Hause Wiehl im 24-Stunde-Betrieb die Einhaltung des Flugplans überwachte, hatte das wasserlösliche Granulat aus seinem Austauschjahr aus den USA mitgebracht.
Es sei nicht gerade schmackhaft gewesen, erinnert sich Schenker, aber mit Mayonnaise habe man es essen können. Daneben gab es andere Instant-Produkte aus Schweizer Herstellung sowie Salami und Knäckebrot. «Der Speiseplan war schon sehr eintönig".
Was die Leibesertüchtigung betraf, nahm sie - «wie alle Handreichungen in dem kleinen Raum» - viel Zeit in Anspruch. Da man nur in der Mitte aufrecht stehen konnte, absolvierte meist einer nach dem andern seine Turn-Übungen. Und nachts, wenn sich einer im Schlaf umdrehte, mussten die beiden anderen synchron mitziehen.
Nach 14 Tagen, drei mehr als der Apollo-11-Flug dauerte, nach umgerechnet 338 Stunden und 84 simulierten Mondumkreisungen erfolgte der Touchdown am 9. August mit sogar noch mehr Brimborium als der Launch: Je nach Quelle wurden die Astronauten von 2000-3000 Schaulustigen empfangen. Die Dorfmusik spielte und die amtierende Rosenkönigin verteilte Gladiolen und Küsschen.
Was aber geschah zwischen Start und Landung? Drei bewegungshungrige Jugendliche zwischen 17 und 19 Jahren, 24 Stunden täglich bei 26 bis 30 Grad Raumtemperatur zusammengepfercht auf fünf Quadratmetern - da dürfte es hin und wieder zum Koller gekommen sein.
Nachdem beispielsweise ein Reporter bei einer Sondersendung fragte, ob man nicht besser etwas Gescheiteres wie ein Motorboot gebaut hätte? Und ob das Ganze nicht nur Wichtigtuerei sei? Da regten sich die Befragten ziemlich auf. Danach hätten die Kollegen im Kontrollzentrum via Gegensprechanlage einiges an Seelentrost leisten müssen, erinnert sich Schenker.
Auch im Logbuch gibt es Andeutungen über Psychostress. Man müsse die Reizpunkte jedes Einzelnen ermitteln und ihn davon fernhalten, notierte der Kommandant am 3. August. Und an anderer Stelle: «Stimmung schlecht. Kann mithilfe von aufmunternden Platten behoben werden".
Beatles, Rolling Stones und Doors hätten sich dazu geeignet, erinnert sich der Kommandant. Sein Geschick im Umgang mit Stresssituationen dürfte ihm später in seinem Amt als Schulleiter recht hilfreich gewesen sein.
Eine Frage, die man sich unweigerlich stellt: Wie war das mit den Körperausscheidungen? Man habe ein Loch in ein Campingstühlchen geschnitten und Abfallsäcke darübergestülpt, erklärt Schenker. Entsorgt wurden die abgepackten «Hygieneprodukte» durch eine Bodenklappe.
Auch hier dürften die Tasanauten gegenüber ihren Vorbildern im Vorteil gewesen sein. Von den Apollo-Missionen ist bekannt, dass die Handhabung der sogenannten «Apollo Bags» in der Schwerelosigkeit ihre Tücken hatte: Wenn man die Öffnung des Sacks nach erfolgter Sitzung nicht sofort gut verschloss, flog einem buchstäblich das Geschäft um die Ohren.
(SDA)