Sie simulierten eine Erwärmung um fünf Grad Celsius und beobachteten die Effekte an mehreren Nutzpflanzen und Insektenarten. Am stärksten waren die Effekte bei der Erdbeere: Deren Blütenduft konnte nicht mehr nachgewiesen werden, mit entsprechend negativen Folgen für Ernteerträge, wie der Wissenschaftsfonds FWF am Montag berichtete.
Der brasilianische Insektenforscher Guaraci Duran Cordeiro hat in seinem vom FWF geförderten Lise-Meitner-Projekt in Kooperation mit Stefan Dötterl, Leiter der Arbeitsgruppe Pflanzenökologie und des Botanischen Gartens in Salzburg, untersucht, wie sich die Erwärmung auf die Beziehung zwischen Nutzpflanzen aus drei Pflanzenfamilien und den Bestäubern auswirkt. Konkret ging es um Buchweizen, Raps und Erdbeere sowie Westliche Honigbiene, Dunkle Erdhummel und Rote Mauerbiene.
Blütendüfte bestehen oft aus bis zu 200 chemischen Komponenten
Zunächst wurden Intensität und chemische Zusammensetzung des Blütendufts der drei Nutzpflanzen mittels Gas-Chromatografie und Massenspektrometrie analysiert, und zwar jeweils für die zwei Temperatur-Szenarien «optimal» und «plus fünf Grad». «Es gibt sehr komplexe Blütendüfte aus bis zu 200 chemischen Komponenten. Raps und Buchweizen bringen es immerhin auf rund 20 Bestandteile, der Duft von Erdbeerblüten auf fünf», erklärte Cordeiro in einer Mitteilung des FWF.
Dann wurden die Duftkomponenten aus beiden Szenarien synthetisch nachgebaut und an den Antennen der bestäubenden Insekten getestet, ob sie eine physiologische Reaktion auslösen. Weil vor allem die Hauptkomponenten der Düfte das stärkste Echo bei den Insekten hervorrufen, ist für die Forscher klar: Je weniger Bestandteile ein Blütenduft hat und je empfindlicher die Hauptkomponenten auf Wärme reagieren, desto schlechter stehen die Chancen der Pflanze im Klimawandel.
Der Raps hat hier offensichtlich gut Karten, die chemischen Signale seiner Duftstoffe blieben auch im Szenario mit erhöhter Temperatur unbeeinflusst. Buchweizen wies im «Plus fünf Grad»-Szenario zwar eine deutlich verringerte Duftintensität auf, die Zusammensetzung des chemischen Signals blieb aber den Forschern zufolge für die Bestäuber identifizierbar.
Die Erdbeeren dagegen konnten mit dem Erderhitzungs-Szenario gar nicht mithalten: Bei fünf Grad Celsius plus produzierten sie keinen nachweisbaren Blütenduft mehr. Sie könnten daher von Bienen, Hummeln und Co. nicht gefunden werden. «Eine geringere Attraktivität der Blüten für Bestäuber könnte negative Folgen für das Funktionieren des Ökosystems und Ernteerträge haben», schreiben die Forscher in einer derzeit nur als Preprint veröffentlichten Arbeit.
Auch visuelle Reize ist wichtig
Zwar seien auch visuelle Reize für das Anlocken von Bestäubern wichtig, diese alleine würden aber oft nicht ausreichen, betonen die Forscher. So untersuchte Cordeiro etwa speziell nachtaktive Bienen, für die Blütendüfte ein wichtiger sensorischer Hinweis zu ihren Wirtsblumen sind. Typischerweise sind Bienen tagaktiv, aber etwa ein Prozent der beschriebenen Arten sind nachtaktiv - und diese seien effektive Bestäuber regionaler Obstkulturen etwa in Brasilien, schreibt der Forscher in einer im Fachjournal «Agronomy» veröffentlichten Arbeit.
Noch würden viele Fragen in der Beziehung zwischen Bestäuber und Blüte offen bleiben, etwa wie sich eine durch wärmere Bedingungen verfrühte Blühzeit auswirken oder ob es Schwellenwerte für die Duftwahrnehmung gibt. Mit der Studie habe aber erstmals gezeigt werden können, dass die Interaktion zwischen Pflanzen und Bestäubern unter den Bedingungen des Klimawandels gestört wird. (SDA)