Viele Menschen können als Passagier im Auto nicht lesen oder länger aufs Smartphone schauen, ohne dass ihnen schlecht wird. Zur Reiseübelkeit kanns aber auch ohne Buch oder Handy kommen. Denn die Bewegung der Karosserie ist ganz allgemein Gift für unsere Magennerven. Adaptive oder vorausschauende Fahrwerke können helfen, indem sie Bodenunebenheiten frühzeitig erkennen und proaktiv reagieren, damit die Karosserie gar nicht erst ins Schwanken gerät. Doch bisher ist diese Technik sehr teuer und der Luxus-Klasse vorbehalten.
Die preiswerte Lösung vom Bodensee
Der deutsche Technologiekonzern ZF aus Friedrichshafen glaubt mit seinem aktiven Fahrwerk sMotion eine preiswerte Lösung für alle gefunden zu haben. Und der Prototyp hinterliess bei ersten Testfahrten einen sehr guten Eindruck: In einem VW Touran war der Unterschied bei einem Stakkato an Unebenheiten und Hindernissen deutlich spürbar. War das System abgeschaltet, rumpelte und sprang das Fahrzeug förmlich hin und her. Mit einem aktiven sMotion war der Komfortgewinn für die Passagiere deutlich spürbar.
So funktionierts
Der Trick ist ZFs Software. Sie verarbeitet die Sensorsignale in Sekundenbruchteilen und leitet blitzschnell eine Gegenaktion ein. Die Reaktionszeit liegt bei zwei Millisekunden. Zum Vergleich: Ein Wimpernschlag dauert rund 150 Millisekunden. Für die Umsetzung der Softwarebefehle sorgt eine aussenliegende Elektromotor-Pumpen-Einheit an jedem Rad. Das System kann jedes Rad unabhängig von den anderen dreien, sowohl nach oben ziehen als auch nach unten drücken und so eine wirksame Gegenaktion initiieren. Damit werden die Auf- und Abbewegungen der Karosserie genauso eliminiert wie das Wanken, Rollen oder Einnicken. So bügelt das sMotion-Fahrwerk nicht nur Unebenheiten aus, sondern hält den Fahrzeugaufbau auch bei schnellen Richtungswechseln ruhig und stets horizontal.
Herausforderungen
Ein paar Haken hat die ZF-Lösung allerdings. Sie benötigt ein 48-Volt-Bordnetz für den Betrieb, das noch lange nicht alle Hersteller anbieten, geschweige denn in allen Modellen. Jede der vier Einheiten wiegt je zwei Kilo, wodurch das Auto schwerer wird. Auch wird das ZF-System vom jeweiligen Federweg des Fahrzeugs eingeschränkt. Damit funktioniert es bei SUVs besser als bei Sportwagen. Und ganz ausgereift ist der Fahrwerks-Alleskönner auch noch nicht. Das Fahrverhalten wirkt bisweilen synthetisch und die Gegenbewegungen des Systems etwas ungeschmeidig. Aber es soll ja auch erst in vier Jahren auf den Markt kommen. Laut ZF sind einige Autohersteller aber bereits interessiert.