Wie sich der rote Drache die Schätze des schwarzen Kontinents krallt
China gibt in Afrika die Richtung vor

China investiert in Afrika im grossen Stil. Das hat aber für die Afrikaner seinen Preis: Sie müssen ihre Infrastruktur wie Bahnen, Strassen und Kraftwerke an die Chinesen abtreten.
Publiziert: 08.11.2018 um 14:56 Uhr
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Klar, wer den Ton angibt: Xi Jinping mit der afrikanischen Delegation am 4. September in Peking.
Foto: AP
Guido Felder

Die Chinesen haben es auf Afrika abgesehen: Auf dem schwarzen Kontinent gibt es nicht nur einen endlos scheinenden Vorrat an Rohstoffen – sondern auch die Möglichkeit, Geld zu investieren und so Abhängigkeiten zu schaffen.

Vor kurzem ist die Bande noch enger geknüpft worden. Nachdem der chinesische Präsident Xi Jinping (65) im Juli in Afrika weilte und mit mehreren Staaten Zusammenarbeitsverträge abschloss, erhielt er im September von fast allen afrikanischen Staats- und Regierungschefs Gegenbesuch in Peking. Hier nahmen die Gäste mit Freuden zur Kenntnis, dass die Chinesen in Afrika in den nächsten drei Jahren 60 Milliarden Dollar ausgeben wollen. Innert Kürze ist China zum grössten Handelspartner Afrikas geworden.

Investoren fragen nicht

Die Asiaten haben Afrika entdeckt, als sich die westlichen Länder Mitte des 20. Jahrhunderts aus ihren Kolonien zurückzogen. Anfänglich leisteten die Chinesen Entwicklungshilfe, mit der zunehmenden Liberalisierung Chinas nach Ende des Kalten Kriegs rückte für Peking aber immer mehr der wirtschaftliche Nutzen in den Vordergrund.

Afrika hiess die unkomplizierten Investoren willkommen. Sie brachten Geld ohne Garantieforderungen und mischten sich nicht in innenpolitische Angelegenheiten wie Korruption und Verletzung von Menschenrechten ein.

Laut den Chinesen führten die Verträge immer zu einer Win-win-Situation, was Xi Jinping auch bei den jüngsten Abkommen betonte. So investieren die Chinesen nicht ohne Gegenleistung. Die Afrikaner mussten zum Beispiel Fischereirechte, den Anspruch auf Bodenschätze und Infrastrukturen wie Autobahnen, Eisenbahnen und Kraftwerke abtreten. Auch bedingten sich die Chinesen aus, dass eigene Leute gigantische Bauprojekte ausführten und sie ihre Waren in afrikanischen Ländern anbieten konnten.

Bahn unter Kontrolle Chinas

Eben sind in Äthiopien und Kenia zwei Mega-Bahn-Projekte mit mehrheitlich chinesischer Beteiligung abgeschlossen worden. Wegen der Korruption schossen in Kenia die Baukosten massiv in die Höhe. Mit 3,8 Milliarden Franken beträgt die Schlussrechnung fast dreimal mehr als bei vergleichbaren Bahnstrecken. Das Land wird die Kredite wegen seiner hohen Staatsverschuldung nie zurückzahlen können. Daher wird die Bahn bis auf weiteres unter der Kontrolle der Asiaten bleiben. Auch den wichtigen Schiffshafen in Mombasa werden sich die Investoren wohl auf diese Weise unter den Nagel reissen.

Nebst wirtschaftlichem Vorteil bauen die Chinesen auch den militärischen Einfluss aus. Der Waffenexport nach «Chinafrika», wie der arme Kontinent in China auch genannt wird, betrug in den vergangenen zehn Jahren schätzungsweise drei Milliarden Franken. Zudem eröffneten die Chinesen 2017 in Dschibuti eine Militärbasis, wo chinesische Kriegsschiffe anlegen können. Es ist eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt.

Afrika hat langsam genug

Erst langsam dämmert es den afrikanischen Staaten, mit wem sie sich da eingelassen haben. «Afrika erwacht», sagt Afrika-Kenner Dominik Langenbacher (67), der in mehreren afrikanischen Staaten als Botschafter für die Schweiz gearbeitet hatte und heute in Nairobi lebt. Er verweist auf Äthiopien, wo der neue Ministerpräsident Abiy Ahmed (42) korrigierend eingreifen wolle. Langenbacher: «Er hat die Bevölkerung aufgerufen, den Gürtel enger zu schnallen, um Schulden zurückzahlen zu können.»

Auch könnten Kredite vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank ein Thema werden. Diese Geldquelle war für die Afrikaner bisher zu kompliziert, da für Kredite gewisse Bedingungen einer guten Regierungsführung erfüllt werden müssen. Darauf wollen die Afrikaner offenbar vermehrt eingehen. Langenbacher: «Die Afrikaner hoffen jetzt, dass ihnen der Westen und seine Institutionen helfen, die chinesischen Schulden abzubauen und die chinesischen Investitionen zurückzubinden.» 

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