Bei dem Waffentest seien am vergangenen Sonntag an der Westküste Nordkoreas wahrscheinlich zwei Marschflugkörper von kurzer Reichweite abgefeuert worden, teilte der Generalstab der südkoreanischen Streitkräfte am Mittwoch mit.
Auch die US-Regierung bestätigte den Test, doch spielte ihn Biden herunter. Auf die Frage von Journalisten, ob der Test als Provokation gesehen werde, sagte Biden unter Berufung auf das Pentagon am Dienstagabend (Ortszeit) in Washington: «Nein...alles wie gehabt. Da gibt es kein neues Problem bei dem, was sie getan haben.»
UN-Resolutionen verbieten der selbst erklärten Atommacht Nordkorea den Test von ballistischen Raketen, die je nach Bauart auch atomare Sprengköpfe tragen können. Tests von Marschflugkörpern unterliegen dagegen nicht den Sanktionen gegen das Land. Anders als ballistische Raketen verfügen Marschflugkörper (Cruise Missile) über einen permanenten eigenen Antrieb.
Der Test erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem die neue US-Regierung ihre Nordkorea-Politik noch nicht festgelegt hat. Die bilateralen Verhandlungen mit Nordkorea über dessen Atomwaffenprogramm kommen seit zwei Jahren nicht mehr voran.
Die «Washington Post» wertete den jüngsten Test daher als eine «erste Herausforderung» für die Biden-Regierung, mit dem Nordkorea vermutlich Druck ausüben wolle. Doch gilt der Test als ein eher mildes Signal. Ein Hinweis darauf war nach Ansicht von Experten die Tatsache, dass Südkorea und die USA den Test erst nach wenigen Tagen bestätigten. Der «Effekt auf die Politik-Überprüfung der Regierung (Biden) sollte null sein», schrieb der Experte Ankit Panda auf Twitter. Nordkorea äusserte sich zunächst überhaupt nicht zum Test.
Wie weit die beiden Lenkflugkörper am Sonntag flogen, war zunächst unklar. Es war der erste bekannt gewordene Raketentest durch Nordkorea seit April des vergangenen Jahres. Der Test scheine Teil des Wintertrainings der nordkoreanischen Streitkräfte zu sein, zitierte die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap einen Militärvertreter.
Nordkorea unternahm den Test nach gemeinsamen Militärübungen der Streitkräfte Südkoreas und der USA. Die neuntägige Kommandoübung, die kein Feldtraining umfasste, war am Donnerstag der vergangenen Woche zu Ende gegangen. Die einflussreiche Schwester des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un, Kim Yo Jong, hatte die Militärübungen verurteilt und der neuen US-Regierung vorgeworfen, als ersten Schritt Ärger machen zu wollen.
Zudem hatte Nordkorea zeitgleich mit einem Besuch von US-Aussenminister Antony Blinken und Pentagon-Chef Lloyd Austin in der vergangenen Woche in Seoul deutlich gemacht, erst unter bestimmten Bedingungen könnten mit Washington Gespräche geführt werden. Gegen Versuche der US-Regierung, Kontakt aufzunehmen, wolle es sich solange sperren, bis Washington seine «feindselige Politik» zurücknehme. Nordkorea will unter anderem die USA dazu bewegen, die Sanktionen aufzuheben.
Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte wegen Nordkoreas Atomprogramm Gespräche mit Machthaber Kim Jong Un angestossen und ihn auch persönlich getroffen. In der Sache wurden dabei aber kaum Fortschritte erzielt.
Auch wenn Biden den Annäherungskurs Trumps gegenüber Pjöngjang kritisiert hat, so gilt eine Rückkehr zur Politik des früheren Präsidenten Barack Obama, die mit strategischer Geduld umschrieben wurde, als genauso schwierig. Blinken betonte in Seoul, dass verschiedene Optionen auf dem Tisch lägen: Massnahmen, um den Druck auf Pjöngjang zu erhöhen, wie auch diplomatische Anreize. Die umfassende Überprüfung dieser Politik einschliesslich der Optionen sei fast abgeschlossen, sagte diese Woche ein ranghoher Regierungsbeamter. Washington habe zu den diplomatischen Bemühungen bezüglich Nordkoreas keine «Illusionen darüber, wie schwierig das wird».
(SDA)