Sie hat das Land geteilt - und steckt seit Jahren in einem Sumpf aus Korruption, Amtsmissbrauch und Misswirtschaft: Muss Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff (68), seit 2010 im Amt, jetzt endlich gehen?
Das Abgeordnetenhaus stimmte gestern mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Absetzung. Damit ist es möglich, sie für 180 Tage zu suspendieren und, wichtiger, eine Amtsenthebung vorzubereiten.
Bis 1,7 Mio. Menschen hatten in den letzten Jahren gegen sie demonstriert, auch gestern gingen unzählige Menschen gegen sie auf die Strasse - in Fussball-Trikots und mit Brasilien-Fahnen jubelten sie, als hätten sie die WM gewonnen. Unterstützer ihrer Regierung sah man weinend auf der Strasse.
Sie hatte ihren Vorgänger Lula da Silva (70) als Kabinettschef in ihre Regierung zurückgeholt, ihn damit vor einem Verfahren wegen Geldwäsche und Falschaussage geschützt. Ihr werden Verstösse bei der Führung der Staatsfinanzen vorgeworfen
Dazu war sie Aufsichtsratsvorsitzende eines Energiekonzerns, dem Korruption, Veruntreuung und Parteienbestechung nachgewiesen wurden. Ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik wird als schwach kritisiert.
Das letzte Wort hat nun der Senat. Er soll Anfang Mai über eine formelle Eröffnung des Amtsenthebungsverfahrens entscheiden. Auch dort hat Rousseff wenig Rückhalt. Wenn mindestens zwei Drittel der 81 Senatoren gegen sie stimmen, würde sie als schuldig gelten und alle politischen Rechte verlieren. Sie dürfte in den folgenden acht Jahren nicht mehr für politische Ämter kandidieren.
Die Präsidentin selbst sieht sich als Opfer einer Verschwörung durch Vizepräsident Michel Temer (75), der die Amtsenthebung entschieden vorantreibt: Würde sie ihr Amt verlieren, wäre er automatisch der neue Präsident.