Abzug der US-Atombomben
Sicherheitsexperte warnt deutsche Ampel-Parteien

Angesichts der laufenden Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP hat der Sicherheitsexperte Wolfgang Ischinger davor gewarnt, die deutsche Beteiligung an der atomaren Abschreckung der Nato infrage zu stellen.
Publiziert: 28.10.2021 um 09:44 Uhr
ARCHIV - Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, warnt davor die deutsche Beteiligung an der atomaren Abschreckung der Nato infrage zu stellen. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Foto: KAY NIETFELD

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz sagte der Deutschen Presse-Agentur, ein Abzug der US-Atombomben aus Deutschland würde schwerwiegende Folgen für die Sicherheit in Europa haben: «Den Polen ziehen wir sicherheitspolitisch den Teppich unter den Füssen weg, wenn Deutschland aus der nuklearen Abschreckung aussteigt.»

Polen könnte dann auf einer Stationierung von Atombomben auf seinem Territorium bestehen, warnte Ischinger. «Eine aktive polnische Rolle bei der nuklearen Abschreckung der Nato hätte dann wiederum Folgen in Moskau, über die ich gar nicht nachdenken möchte», sagte er. «Meine Vermutung ist, die Folgen wären katastrophal. Die Nato würde nuklear noch näher an Russland heranrücken.» In der deutschen Diskussion werde viel zu wenig darüber nachgedacht.

Auf dem Luftwaffenstützpunkt Büchel in Rheinland-Pfalz sind Schätzungen zufolge noch 20 US-Atombomben stationiert, die im Ernstfall von Bundeswehr-Kampfjets abgeworfen werden sollen. Sowohl die Partei- und Fraktionsführung der SPD als auch die Grünen haben sich in der Vergangenheit für einen Abzug dieser Nuklearwaffen stark gemacht. Damit würde sich Deutschland aus der nuklearen Abschreckung der Nato zurückziehen. Das Thema wird in den Koalitionsverhandlungen eine Rolle spielen.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte erst vergangenes Wochenende Äusserungen der scheidenden Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kritisiert, die sich zur deutschen Beteiligung an der atomaren Abschreckung der Nato bekannt hatte. Er warf ihr vor, an der «Eskalationsschraube» mit Russland zu drehen.

Rund einen Monat nach der Bundestagswahl hatten SPD, Grüne und FDP am Mittwoch Verhandlungen über die konkreten Details ihrer geplanten gemeinsamen Regierungsarbeit aufgenommen. Bis zum 10. November sollen 22 Arbeitsgruppen Bausteine für einen Koalitionsvertrag ausarbeiten. In der Woche ab dem 6. Dezember soll der neue Kanzler - voraussichtlich Olaf Scholz (SPD) - gewählt und die neue Regierung gebildet werden. Die derzeitige schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist so lange geschäftsführend im Amt.

Unterdessen unterstrich der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, noch einmal die Haltung der Liberalen, Steuererhöhungen abzulehnen. «Die FDP ist immer bereit, über die Entlastung niedriger und mittlerer Einkommen zu sprechen, so wie SPD und Grüne es möchten», sagte Buschmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Donnerstag). «Aber die FDP ist nicht bereit, in dem Land mit den höchsten Steuern und Abgaben über Steuererhöhungen zu sprechen. Das war und ist unsere Haltung.»

Vor knapp zwei Wochen hatten die Unterhändler der Parteien ihre Sondierungen beendet und ein Ergebnispapier vorgestellt. Danach soll es keine Steuererhöhungen geben und die Schuldenbremse eingehalten werden. Es werden aber harte Verhandlungen bei der Finanzierung der Projekte der künftigen Koalition erwartet.

(SDA)

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