Darum gehts
Julian Kuhn studierte nach dem Gymnasium an der Universität in Zürich Philosophie, Informatik sowie Bank- und Finanzwesen. Nach diversen Jobs in der Forschung und in der Privatwirtschaft schrieb er eine Doktorarbeit. Heute forscht der 37-Jährige in den Geisteswissenschaften und arbeitet als Projektleiter an einer öffentlichen Institution.
Julian Kuhn heisst in Wirklichkeit anders. In der Beobachter-Serie «Die Abrechnung» zeigt er seinen Kontoauszug und erzählt, wie er mit seinem Budget lebt. Wie viel Geld steht ihm zur Verfügung? Wofür gibt er es aus?
Einnahmen
Mein Nettolohn beträgt gut 7500 Franken, und das zwölfmal im Jahr. Dazu kommen jeden Monat rund 500 Franken aus den Honoraren für Vorträge, Podiumsdiskussionen und Lehraufträge.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Ich habe einen befristeten Arbeitsvertrag, der noch bis Ende Jahr läuft. Das ist üblich in der Forschung, weil die Verträge oft an die Dauer von bestimmten Forschungsprojekten geknüpft sind. Danach ist offen, wie es für mich weitergeht.
Ausgaben
Wohnen: Seit ein paar Monaten lebe ich wieder allein und bin in der Stadt Zürich in eine Zweizimmerwohnung gezogen. Sie ist 50 Quadratmeter gross, hat einen Balkon und ist teilweise renoviert. Ich zahle monatlich 2300 Franken, inklusive Nebenkosten. Dazu kommen monatlich 30 Franken für die externen Stromkosten.
Telefon, Internet und Abos: Für Handy und Internet gebe ich jeden Monat 60 Franken aus, für die Serafe-Gebühr 335 Franken pro Jahr.
Musik höre ich über Spotify oder Soundcloud. Soundcloud ist gratis, für Spotify zahle ich monatlich Fr. 22.95. Dann habe ich noch ein Netflix-Abo, das kostet Fr. 27.90 im Monat.
20 Franken pro Monat zahle ich für ChatGPT. Damit arbeite ich täglich, privat wie auch beruflich. Ich benutze es zum Programmieren, aber auch um lange E-Mails oder Texte zusammenzufassen. Die kostenpflichtige Version ist richtig gut und jeden Franken wert.
Versicherungen: Ich habe eine Haushaltsversicherung, die 190 Franken pro Jahr kostet. Ich habe nur das Minimum versichert. Sprich, wenn mein Laptop oder mein Velo geklaut wird, ist es nicht versichert. Das wären nochmals 60 Franken zusätzlich, die ich nicht zahlen will.
Hingegen nehme ich die jährlich 240 Franken für meine Rechtsschutzversicherung gern in die Hand. Egal, ob bei Mietstreitigkeiten oder Problemen mit der Automiete, ich kann den Rechtsstreit meiner Versicherung geben, und sie kümmern sich darum. Das ist gut investiertes Geld.
Gesundheit: Die Grundversicherung kostet monatlich 500 Franken. Ich habe die tiefste Franchise gewählt, weil ich seit einiger Zeit eine Psychotherapie mache. So muss ich nur 300 Franken Franchise und maximal 700 Franken Selbstbehalt selber zahlen. Weiter werde ich dieses Jahr sicherlich noch ein neues Rezept für meinen Heuschnupfen holen und meine Muttermale checken lassen. Mit der tiefen Franchise spare ich also Geld.
Mir ist bewusst, dass ich damit das Gesundheitssystem belaste. Aber ganz ehrlich: So, wie das Gesundheitssystem ausgestaltet ist, werden die falschen Anreize gesetzt. Ich zahle viel und möchte auch was davon haben.
Ich habe auch eine Zusatzversicherung, die mich monatlich 50 Franken kostet. Darin ist unter anderem ein Rechtsschutz enthalten, den ich bei Streitigkeiten mit der Krankenkasse oder einer Ärztin beiziehen könnte.
Die jährliche Dentalhygiene oder Medikamente wie Schmerzmittel zahle ich aus der eigenen Tasche. Das kostet mich ungefähr 200 Franken pro Jahr.
Mobilität: In und rund um Zürich bin ich mit dem Velo unterwegs, ausser es schneit oder regnet. Dieses Jahr war es Zeit für ein neues Velo. Ich habe mich für ein Citybike der Marke Scott entschieden, 1200 Franken.
Für weitere Reisen nehme ich den ÖV. Mein Arbeitsort ist eine Zugstunde von Zürich entfernt. Diesen Weg lege ich ein- bis zweimal pro Woche zurück. Meine Eltern wohnen in der Ostschweiz, dazu habe ich Freunde in der ganzen Schweiz. Ich habe ein Halbtax-Plus-Abo für 2000 Franken. Letztes Jahr hat das aber nicht gereicht, und ich musste nochmals 1000 Franken nachzahlen.
Am Wochenende, vor allem wenn es spät wird, nehme ich auch mal ein Uber. Monatlich gebe ich dafür ungefähr 50 Franken aus.
Haushalt: Als Studi habe ich nicht mehr als 200 Franken für diesen Posten ausgegeben. Jetzt ist es mindestens das Dreifache.
Ich kaufe hauptsächlich qualitativ hochwertige Produkte, die nachhaltig produziert werden. Sprich: saisonal, regional und bio. Das hat seinen Preis. Ich habe immer einen vollen Kühlschrank und koche täglich, manchmal sogar zweimal.
Von den meisten Produkten kenne ich die Preise auswendig. Auf Preisänderungen reagiere ich erst, wenn sich das Preis-Leistungs-Verhältnis für mich nicht mehr lohnt. Beispielsweise wenn ein Kilo Bio-Tofu mehr als 25 Franken kostet, würde ich auf eine andere Marke umsteigen.
Hygieneprodukte wie WC-Papier und Zahnpasta kaufe ich bei Aldi. Dort stimmt der Preis für das, was im Produkt steckt. Alle zwei Monate kaufe ich Hülsenfrüchte, Nüsse und alles, worauf ich sonst noch Lust habe, bei KoRo. Das ist ein Onlineshop, der grosse Mengen zu fairen Preisen anbietet.
Zum Coiffeur gehe ich alle vier Wochen. Es ist einer dieser Barbier-Läden, wo nur Männer hingehen. Das geht 15 Minuten und kostet mich 30 Franken.
Verpflegung ausser Haus: An meinem Bürotag verpflege ich mich auswärts. Entweder gibt es eine Suppe oder sonst was von einem Take-away. Im Schnitt macht das 20 Franken pro Mahlzeit.
Ich bin kein Foodie und habe keine Lust, viel Geld für teures Restaurantessen auszugeben. Meistens esse ich zu Hause und treffe meine Freunde auf ein paar Getränke. Das hingegen kommt oft vor und geht ins Geld. Ich mag guten Wein, Bubbles und Drinks.
Ebenfalls gebe ich gern Geld für einen guten Kaffee aus. In der Stadt Zürich kostet ein Cappuccino mit Hafermilch 7 Franken.
Schätzungsweise gebe ich mindestens 100 Franken jede Woche für auswärtiges Essen und Trinken aus.
Kleidung und Schuhe: Das ist bei mir nicht der allergrösste Posten. Übers Jahr gerechnet gebe ich höchstens 1000 Franken aus. Ich brauche nicht viel Abwechslung im Kleiderschrank, am liebsten trage ich Schwarz. Das ist simpel und lässt sich gut kombinieren. Es ist mir bewusst, dass ich ein bisschen mit der Mode gehen muss, ganz egal ist es mir ja nicht, wie ich rumlaufe. In einen Kleiderladen aber bringen mich keine zehn Pferde, ich kaufe konsequent online.
Mein letztes T-Shirt habe ich für 25 Franken bei Tchibo gekauft, die letzte Hose bei Uniqlo für 50 Franken.
Freizeit: Ich bin ein Jogger. Drei- bis viermal pro Woche renne ich im Wald und lüfte so meinen Kopf. Ich trainiere für einen Wettlauf über 16 Kilometer mit 800 Höhenmetern, der im Herbst stattfindet. Alle vier Monate brauche ich neue Laufschuhe. Ein Paar kostet zirka 140 Franken.
Einmal pro Monat nehme ich eine Gesangsstunde, das kostet mich 120 Franken. Beim Singen kann ich abschalten und Stress abbauen. Zurzeit übe ich klassische Lieder wie Robert Schumanns Liederkreis Opus 30.
Freizeit heisst für mich aber auch, unter die Leute zu gehen. Ich treffe mich mit Freunden in Bars, an Konzerten oder in Technoclubs. Über den Daumen gerechnet, gebe ich dafür monatlich mindestens 200 Franken aus.
Ausflüge und Ferien: Jedes zweite Jahr fliege ich für einen Monat weiter weg. Die letzte Reise ging diesen Januar nach Südkorea. Für Flug, Essen und Unterkunft habe ich ungefähr 8000 Franken ausgegeben.
Ansonsten verbringe ich meine Ferien in Europa. Meist bin ich mit dem Zug unterwegs. Wenn die Reise aber mehr als acht Stunden dauert, fliege ich. Mein Bruder lebt mit seiner Familie in Spanien. Ich habe auch einige Freunde, die im Ausland verstreut leben. So komme ich sicherlich nochmals auf fünf bis sechs Wochenendausflüge jedes Jahr.
Wie viel ich für Ferien und Ausflüge ausgebe, kommt darauf an, wohin ich reise. Ein Wochenende bei meinem Bruder ist günstig, vier Wochen Japan hingegen sehr teuer. Ich habe 800 Franken pro Monat budgetiert.
Spenden: Ich spende 600 Franken jährlich an verschiedene Organisationen und Institutionen, die sich feministischen Anliegen widmen. Unter anderem unterstütze ich einen Verein, der sich für Diversität im wissenschaftlichen Kontext engagiert. Damit sich in der Forschung weniger geschlechterbezogene Verzerrungen einschleichen können.
Das ist mein Teil, den ich als Mann zur Auflösung des Patriarchats beitragen kann.
Steuern: Letztes Jahr habe ich 9000 Franken bezahlt. Ich habe einen Dauerauftrag eingerichtet und zahle jeden Monat 600 Franken an die Steuerbehörde. Den Restbetrag nehme ich dann vom Sparkonto.
Altersvorsorge: Seit sechs Jahren zahle ich jedes Jahr den maximalen Betrag in mein Säule-3a-Konto. Mitte Jahr überweise ich dann jeweils den Gesamtbetrag, dieses Jahr sind es 7258 Franken.
Einerseits kann ich diesen Betrag von den Steuern abziehen, andererseits brauche ich das Geld nicht und kann es investieren. Ein akademischer Weg beinhaltet, dass man viele Jahre wenig verdient. Das führt zu weniger Altersrente.
Nachdem ich letztes Jahr meinen Pensionskassenauszug etwas genauer unter die Lupe nahm und gesehen gesehen habe, wie wenig Geld ich im Alter zur Verfügung habe, zahlte ich freiwillig 20’000 Franken in die Pensionskasse ein.
Sparen und Vermögen: Wenn ich jeden Monat 500 Franken auf die Seite legen kann, bin ich zufrieden. Das ist ein gutes Polster. Ich mache mir keine Sorgen ums Geld. Einerseits habe ich Geld auf der Seite, andererseits werde ich wohl einen Batzen erben.
Mein grösster Luxus
Meine Siebträger-Kaffeemaschine und das dazugehörige Mahlwerk. Beides zusammen hat 2000 Franken gekostet. Dazu kommen Kaffeebohnen, die monatlich knapp 40 Franken kosten.
So fühle ich mich
Ich bin gesund, lebe in Saus und Braus und habe einen Job, der mir Spass macht. Was will ich mehr? Ich kann materiell alles kaufen, was ich will, und alles unternehmen, worauf ich Lust habe. Das liegt natürlich auch daran, dass ich nur für mich schauen muss, keine Familie oder andere Personen unterstützen muss. Wenn ich meinen Lohn mit anderen Akademikern vergleiche, die etwa in der Finanz- oder Tech-Branche arbeiten, dann ist er eher gering, trotzdem würde ich zu keinem Zeitpunkt mit ihnen tauschen wollen.
Hier finden Sie die bisherigen Folgen der Rubrik «Die Abrechnung».