Wir verscherbeln unsere Währungsgewinne an die neuen EU-Staaten
Franken-Regen über Osteuropa

Weil die Geldsumme des Osthilfegesetzes nicht in Euro und Dollar ausgehandelt wurde, profitieren die Hilfeempfänger vom starken Franken. Was passiert nun mit den Überschüssen?
Publiziert: 07.04.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:26 Uhr
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Die Schweiz hilft Osteuropa aus Eigeninteresse und Solidarität. Das Geld ist eine Investition in gute Beziehungen zur EU.
Foto: Sabine Wunderlin
Von Nico Menzato

Mit 1,257 Milliarden Franken unterstützt die Schweiz zwölf osteuropäische EU-Staaten, damit sich die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede in Europa reduzieren. Die Hilfe für zehn Staaten läuft 2017 aus. Der Bundesrat will sie jedoch weiterführen – und schlägt deshalb vor, das Osthilfegesetz zu verlängern. Ob jedoch künftig weitere Gelder fliessen, lässt die Regierung offen.

Doch jetzt regt sich breiter Widerstand gegen das Gesetz: CVP und FDP machen weitere Zahlungen von der Entwicklung der Beziehungen zur EU abhängig, die SVP ist gegen jegliche «Tributzahlungen an die EU». Es ist also unklar, ob dereinst weitere Millionen nach Osteuropa fliessen werden.

Klar ist hingegen: Von den 1,257 Milliarden Franken, die vom Schweizer Parlament und Volk 2006 und 2009 gesprochen worden sind, profitieren die osteuropäischen Länder weitaus stärker als erhofft. Denn sie mussten die von der Schweiz bewilligten Projekte vorfinanzieren, die Schweizer Rückerstattung fliesst erst jetzt sukzessive.

Der Clou: Die Schweiz versprach das Geld nicht in Lokalwährung, Euro oder in Dollar, sondern in Franken – und dieser hat bei der Auszahlung massiv mehr Wert als bei der Genehmigung der Projekte.

«Allein durch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses im Januar stehen den zwölf osteuropäischen Staaten zusätzliche Mittel von 70 Millionen Franken zur Verfügung», bestätigt Ueli Stürzinger, Leiter der Abteilung neue EU-Mitgliedstaaten in der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit.

100 Millionen Franken mehr

Konservativ geschätzt hätten diese insgesamt 100 Millionen Franken mehr zur Verfügung. Weil diverse Projekte sogar zu einem gegenüber Lokalwährungen noch schwächeren Franken bewilligt worden seien.

Doch damit nicht genug: Die Oststaaten konnten viele Projekte billiger umsetzen als geplant. Dadurch werden laut Stürzinger weitere Mittel in Millionenhöhe frei.

Was aber passiert jetzt mit diesem übrig gebliebenen Geld? «Wir werfen es den Ländern nicht einfach nach», sagt Stürzinger. Es müsse in Absprache mit der Schweiz im Rahmen der bestehenden Projekte verwendet werden.

So werden in ländlichen Kleinstädten Lettlands mit vier Millionen Franken jetzt 22 oder gar 23 Jugendzentren renoviert. Statt wie geplant 17. Ebenfalls in Lettland rüstet die Schweiz 138 Schulen und Heime zusätzlich mit Feuerschutzdecken aus.

Doch wieso können wir die Wechselkursgewinne nicht selber einstreichen? «Die Schweiz hat mit den Ländern abgemacht, den Betrag in Franken auszubezahlen, um kein Wechselkursrisiko einzugehen. Sie ist deshalb daran gebunden», so Stürzinger.

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